Blindenführhund Spike macht einen super Job
Copyright: Marion Friedl

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Wenn Spike das Führgeschirr angezogen wird, dann weiß er genau: Jetzt ist Schluss mit spielen, toben, dösen oder Kontakt zu anderen Menschen und Hunden. Jetzt muss er arbeiten und jetzt muss er sich voll auf sein Herrchen Robert Böhm konzentrieren. Der vierjährige Spike ist ein fleißiger Blindenführhund und hat viel gelernt, damit er seinen Job auch zuverlässig meistert.

Dieser Hund eröffnet sogar eine Ausstellung

Spike hat keinen leichten Job, denn er muss sich laufend auf neue Orte, Geräusche und Gegebenheiten einstellen. Er begleitet seinen blinden Besitzer nämlich durchs ganze Bundesgebiet, denn Robert Böhm ist als Bundessprecher des Arbeitskreises Führhundhalter beim Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband DBSV und Referent für Führhundangelegenheiten beim Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbund BBSB viel unterwegs. Gemeinsam eröffneten der Zwei- und der Vierbeiner nun in Unterschleißheim bei München eine Wanderausstellung zum Thema „100 Jahre Blindenführhundausbildung in Deutschland“, die bis zum 23.12.2016 bei der Volkshochschule an der Landshuter Straße 20-22 zu sehen ist.

Mit zwei Jahren ist der Azubi-Hund fit für die Arbeit

Für Spike begann die Karriere natürlich mit dem Grundgehorsam, denn der muss sitzen, wenn er die Spezialausbildung antritt. Damals war er – wie alle Azubis auf vier Pfoten – ein Jahr alt. Etwa ein halbes Jahr bis neun Monate muss der Blindenführhund in spe dann büffeln und „mit zwei Jahren hat ein Hund die geistige Reife erreicht, dass er an einen Halter abgegeben werden kann“, so Robert Böhm. Doch auch dann ist das Lernen nicht beendet, denn das neue Mensch-Hund-Team braucht noch mal mindestens 60 Stunden gemeinsames Training. Es muss halt zusammen wachsen, was zusammen gehört. Besonders gut geeignet sind als Blindenführhunde Retriever, Labradore, aber auch Pudel, Labradoodle und Goldenschäfer kommen in Frage. Wichtig sind ein niedriger Jagdtrieb, ruhiges Verhalten auch bei Stress und natürlich auch Lernfreude.

Die Ausbildung ist sehr anspruchsvoll

Die Ausbildung ist durchaus anspruchsvoll, denn bei einem Hund geht die Welt und das Leben bekanntlich durch die Nase. Die aber darf sich nicht von Gerüchen am Wegesrand ablenken lassen. Statt Schnüffeltour ist geradliniges Führen ein Muss, damit der blinde Mensch die Orientierung behalten kann. Eine große Herausforderung ist auch die intelligente Gehorsamsverweigerung. Beispiel: Spike erhält das Kommando, geradeaus zu laufen. Bleibt er plötzlich stehen und stellt sich auch noch quer vor seinen Herrn, dann weiß Robert Böhm: Hier stimmt etwas nicht, denn Spike führt das Kommando nicht aus. So etwas tut Spike beispielweise an ungesicherten Baustellen oder Bahnsteigkanten. Er ist dann Robert Böhms Schutzengel auf vier Pfoten.

Hunde bei der Arbeit bitte nicht ablenken!

Spike verweigert auch seinen Pfoten zuliebe gefährliche Rolltreppen, stoppt seinen Herrn an Ampeln, sucht auf Kommando eine Parkbank oder bleibt am Zebrastreifen erst mal stehen. Und bei dieser Arbeit lässt er sich absolut nicht ablenken. Wer einen Blindenführhund bei der Arbeit sieht, der sollte dies auch nicht versuchen. „Andere Menschen und Hunde sind eine große Herausforderung“, sagt Robert Böhm, der eine dringende Bitte an die Menschen hat: „Bitte fassen Sie einen Blindenführhund nicht an, sprechen Sie ihn nicht an und lassen Sie ihn nicht mit anderen Hunden zusammen kommen.“ Das erleichtert Spike und seinen vierbeinigen Kollegen die Arbeit ungemein. Also: Lieber Abstand halten und den Hund in Ruhe arbeiten lassen. Das erhöht die Sicherheit für den blinden Menschen und auch für seinen Hund.

Spike kann sogar Höhen einschätzen

Eigentlich ist es unglaublich, was Spike kann – und das an immer unterschiedlichen Orten im Bundesgebiet. Er kann sogar Höhen abschätzen. Nicht nur, dass er weiß, ob Herrchen unter dem herabhängenden Ast oder unter einer Schranke durch passt. Wenn der sein Saxophon im Rucksack dabei hat, ist das Instrument höher als der Mensch – und Spike kalkuliert auch das ein, denn weder Mensch noch Saxophon sind bislang irgendwo hängen geblieben. Wenn Spike an einen Durchlass kommt, verzögert er seinen Gang, schätzt das Ganze ab und geht erst weiter, wenn er sicher ist, dass Mensch und Saxophon da durch passen. „Mit meinem Hund an der Seite, könnte ich unterwegs einen Blues komponieren, weil ich weiß, er macht seinen Job.“

Soziale Bindung und positive Bestärkung sind wichtige Erfolgsfaktoren

Dieses dicke Lob hat sich Spike verdient – aber er bekommt für seine Leistungen natürlich auch Belohnungen, denn auch Hunde arbeiten nicht gerne ohne Honorar. Für Vertrauen, Motivation und Erfolg spielen die soziale Bindung von Mensch und Hund sowie die positive Bestärkung entscheidende Rollen.

Maximal zwei bis drei Stunden Führarbeit leistet ein ausgebildeter und erfahrener Blindenführhund. Danach braucht er eine Pause oder es ist einfach Feierabend. Zu Hause hat Spike keine Aufgaben. Da kommt Herrchen alleine zurecht und Spike hat einfach nur Freizeit und darf Familienhund sein.

Wenn der Blindenführhund in Rente geht

Für Robert Böhm ist Spike nicht der erste Führhund, der ihn durchs Leben begleitet. Der Vorgänger von Spike ist fast 13 Jahre alt und ging vor zwei Jahren in Rente, die er bei einer Patenfamilie verbringt. Auch alte Hunde würden gerne noch führen, aber es schleichen sich altersbedingt vielleicht Fehler ein oder es würde den Hund körperlich und geistig überfordern. Der junge Nachfolger hingegen soll ungestört und ohne Einmischung des Vorgänger seinen Dienst tun. Da bleibt dann eben nur der Abschied und der naht meist, wenn der Hund etwa zehn Jahre alt ist.

„Das ist für beide der schwierigste Moment, wenn man einen Hund gehen lassen muss“, sagt Robert Böhm. Doch er hat diesen Schritt getan und das wurde ein wenig erleichtert, weil er den Rentner oft besuchen kann. Naja, und Spike hat sicher auch über die Trennung hinweg getröstet, denn er ist nicht nur ein zuverlässiger Partner und Mitarbeiter, sondern er wickelt die Menschen mit seinem freundlichen Wesen spielend um die Pfote – und das hat er ganz bestimmt auch bei seinem Herrchen so gemacht. Text/Foto: Marion Friedl

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About

Ich heiße Marion Friedl und bin Tierpsychologin und Journalistin. Mehr Infos gibt es übrigens auf der Seite: Über mich.

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