Ein Hütehund muss viel lernen
Copyright: Marion Friedl

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Schafe, Schäfer, Hütehund – das ist doch mal ein richtig schöner Anblick. Und wer länger hinsieht, kann den Hütehund bei der Arbeit bewundern. Bewundern ist das richtige Wort, denn Hütehunde müssen echt viel lernen und können.

Ob Border Collie, Sheltie, Australien Shepherd, Collie, Cattle Dog oder auch ein Bobtail – das sind Beispiele für Rasse-Hütehunde und ihnen liegt das Hüten tatsächlich im Blut. Vieles ist genetisch veranlagt und demnach angeboren. Aber das reicht natürlich nicht, um ein Super-Hütehund zu werden. Logisch, dass alles mit dem Grundgehorsam anfängt – wie es auch bei allen anderen Hunden sein sollte. Also ab in die Hundeschule, denn die Grundkommandos müssen sitzen.

Spezialunterricht für Hüter auf vier Pfoten

Nach der Grundschule gibt’s dann Seminare und Spezialunterricht. Mit etwa einem Jahr können die Hüter auf vier Pfoten mit der Ausbildung zum Hütehund beginnen. Und das Lernpensum ist nicht ohne: Wer eine Herde in Schach halten will, muss schon rechts und links auseinanderhalten können und natürlich auch wissen, wann es Zeit ist geradeaus zu laufen oder auch postwendend umzudrehen. Auch das gezielte Treiben muss gelernt werden, denn am besten landet die Schafherde im Pferch, wenn der Hund sagt, wo’s lang geht. Logisch, dass ein Hütehund wachsam sein muss. Ein Schaf klauen oder gar auffressen – das geht gar nicht. Und sich als Schaf einfach mal selbstständig machen und allein die Welt erobern oder gar ein wenig trödeln und den Anschluss verpassen – das muss verhindert werden.

Auf der anderen Seite muss auch mal ein Tier separiert werden, wenn der Schäfer beispielsweise die Klauen unter die Lupe nehmen will. Auch da kann er sich auf die Hilfe seines Hundes verlassen, denn ein Hütehund-Musterschüler weiß natürlich, wie man Tiere voneinander trennt. Und was, wenn mal Panik ausbricht und alles durcheinander oder auf und davon läuft? Dann muss der Hütehund blitzschnell handeln, damit die Herde nicht kleiner ist als vorher, keine Unfälle im Fluchttempo passieren und alle wieder beruhigt und in trauter Gemeinsamkeit zusammen bleiben.

Hütehunde müssen auch mal alleine klar kommen

All diese Arbeit muss gelernt werden und der gut ausgebildete Hütehund arbeitet ziemlich selbstständig und weiß genau, wann er sich geduckt anpirschen, in welche Richtung er treiben und wie er gekonnt zusammen halten soll. Natürlich hört er auch auf die Kommandos des Schäfers, aber wenn sich mal so eine Herde rasant in Bewegung setzt, dann ist da schnell eine gehörige Entfernung zum Menschen entstanden. Und dann muss der Hund auch alleine wissen, was er zu tun hat. Das bedeutet auch: Er muss wissen, wie er auf das Verhalten der Schafe reagieren muss. Die kommen durchaus auch mal auf dumme Gedanken und dann sollte die Ordnung möglichst rasch wieder hergestellt sein.

Wettbewerbe sind Leistungsbeweise

Jagdtrieb ist natürlich absolut hinderlich für eine gewissenhafte und fürsorgliche Hütearbeit. Wenn ein Hund mal ein Schaf anstupst oder kneift, dann nur, um diesem wolligen Trotzkopf den Weg zu weisen. Wer von der täglichen Hütearbeit gar nicht genug bekommt, der darf sein Können natürlich auch vor Publikum unter Beweis stellen. Dafür gibt es sogenannte Trials, was nicht anderes ist, als Hütewettbewerbe. Übrigens: Lassen Sie sich nicht vom Hütehund aufs Glatteis führen. Klemmt ein Hund die Rute ein, ist das normalerweise ein Zeichen für Angst. Ein Hütehund macht das aber auch, wenn er voll auf seine Aufgabe konzentriert ist und er gespannt wie ein Flitzebogen ist.

Mangels Herde werden auch Menschen gehütet

Was der Hütehund hüten soll, ist dem Vierbeiner erst mal egal: Schafe, Kühe, Ziegen, Laufenten, Gänse, Meerschweinchen – er hütet, was gerade zur Verfügung steht. Und wenn er Familienhund ist und keine Tiere zum Hüten da sind, kann der Hütetrieb schon mal bei den Besitzern, den Kindern oder auch den Nachbarn durchkommen. Das zeigt schon: Es muss Ersatz für eine Herde her.

Schlaue Alternativen zur Arbeit mit der Herde

Es ist gar nicht so schwierig, die Arbeit mit der Herde zu ersetzen: Ein großer Treibball ist durchaus ein Ersatz, denn der kann auch gezielt nach links, nach rechts oder geradeaus geschubst und gerollt werden. Und wie praktisch, wenn der Hund den Garten am Ende auch noch selber aufräumt, indem er den Treibball zurück ins Gartenhaus rollt. Hütehunde sind ganz schön auf Zack und auf Trab. Bewegung und laufen ist ganz ihr Ding – also nicht nur spazieren gehen, sondern auch mal einen Zahn zu legen: Jogging, Radfahren – alles erlaubt, was ungefährlich für Tempo sorgt. Zwischendrin ein Päuschen und dann geht doch glatt der Mensch verloren: Kein Problem für einen Hütehund, denn der findet nicht nur verloren gegangene Schäfchen wieder, sondern auch ein hinter dem Baum verstecktes Herrchen. Auf Trab gehalten werden wollen aber auch die grauen Zellen der Hütehunde. Und wenn sie keine Aufgaben oder Probleme mit Herdentieren lösen können, dann können knifflige Intelligenzspiele eine willkommene Herausforderung sein. Weil diese Schlaumeier gerne und gut lernen, kann man auch eine showreife Choreografie mit Kunststücken einstudieren.

Vom Hütehund zum Haushaltshelfer

Es ist also gar nicht so schwierig, cleveren und arbeitsfreudigen Hütehunden ein artgerechtes und abwechslungsreiches Leben zu bieten. Generell darf das Motto gerne lauten: Egal was, Hauptsache Arbeit und Beschäftigung. Wäschestücke bringen, Fernbedienung oder Schlüsselbund suchen, die Leine selbst anschleppen, das Hundespielzeug in die Kiste räumen, Frauchen die Socken ausziehen, die Brötchen im Korb vom Bäcker nach Hause tragen oder auch mal eine mit Bändchen versehene Schublade aufziehen – warum nicht?

Unausgelastete Hütehunde können Problemhunde werden

Man ist gut beraten, den Hütehund gut auzulasten, denn unterforderte Hütehunde reagieren nicht selten mit Verhaltensauffälligkeiten. Plötzlich fangen sie an nach imaginären Fliegen in der Luft zu schnappen, sie laufen rastlos in der Wohnung umher, die Zeit allein daheim verbringen sie als Innenarchitekten mit Hang zu zerstörerischen Akzenten oder sie überwinden den Gartenzaun und suchen sich allein und streunend Abwechslung. Das alles will man als Hütehund-Besitzer natürlich nicht und deshalb sind Hütehunde nichts für gemütliche Couch-Potatoes. Sie brauchen aktive und einfallsreiche Menschen, die nicht nur Wert auf Hundeerziehung legen, sondern auch Bewegung, Spiel und Aufgaben für schlaue Hundeköpfe mögen. Text/Foto: Marion Friedl

About

Ich heiße Marion Friedl und bin Tierpsychologin und Journalistin. Mehr Infos gibt es übrigens auf der Seite: Über mich.

1 comment Categories: Hunde Schlagwörter:

One thought on “Ein Hütehund muss viel lernen

  1. Hallo,
    wir haben zwei BorderCollies, fünf Jahre jung. Wir würden gerne ein paar Kleintiere bei uns aufnehmen damit die Gruppe viel Spass miteinander hat. Mein Gedanke war mehrere Zwergziegen zu kaufen, aber mein Mann ist leidenschaftlicher Gärtner und es würde ihm sein Herz brechen, wenn die Ziegen Geschmack an seine Zucht findet. Neue Überlegung sind Meerschweinchen, wie kann man sie miteinander vorstellen, ohne das die Hunde ausflippen? Sind total verwöhnt. Die Meerschweinchen werden dann natürlich auch verwöhnt. Gruss Regina Humphreys

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