„Ich würde zu gerne wissen, was in Deinem Kopf vor sich geht“: Das hat sich jeder Katzenbesitzer schon mal gedacht. Wie Katzen denken und ticken, beschäftigt auch Wissenschaftler und Katzenexperten. Einige Rätsel konnten gelüftet werden und an anderen wird noch gearbeitet.
Wie denken Katzen? Können sie Probleme lösen? Warum wollen Katzen ins Freie? Wie sehen sie ihre Welt? Mögen Katzen Nähe? Ordnen sie sich unter und warum rasen die Stubentiger manchmal wie verrückt durch die Wohnung? Die Antworten liegen oft im schlauen Köpfchen, aber manchmal gibt es auch andere Gründe.
Größtes Rätsel ist das Denkvermögen
Katzen denken durchaus, aber das Denkvermögen ist dennoch ein Rätsel. Der Freiburger Kognitionsforscher Immanuel Birmelin hat erklärt, dass Katzen schnell lernen und abstrakte Aufgaben besser als Hunde lösen. Auch der Katzenexperte Dennis Turner ist überzeugt davon, dass Katzen intelligent sind, aber: „Es gibt keine Intelligenztests für Tiere, die über verschiedene Tierarten anwendbar sind.“
Mit Untersuchungen und Versuchen will man der Katzenschläue auf die Schliche kommen. Die Verhaltensforscherin Elisabeth Lange hat darauf hingewiesen, dass Katzen knifflige Aufgaben an einer Problembox lösen konnten: Wie komme ich an das eingesperrte Leckerli ran? Indem ich das Brett bewege und damit das Leckerli zu mir heran ziehe. Dieser scheinbar einfachen Lösung liegt viel Gehirnarbeit zugrunde: Physikalische Regeln und ihre Auswirkungen auf Objekte mussten durchschaut werden. Die Katzen schafften den Weg zur Lösung mit Nachdenken.
Das Katzengehirn leistet eine Menge
Im Katzengehirn sind sechs Bereiche verantwortlich für die Steuerung von Bewegung, Bewusstsein, Erinnerung, Gefühle, Sinnesleistungen, Verhalten, Hormonsystem, feste Körperfunktionen, Motivation, Reaktion und Gleichgewichtssinn. Die Katze legt gesammelte Informationen im Gedächtnis ab, wie z.B. einen Weg, eine Gefahr oder Erfahrungen mit Tieren und Menschen.
Katzen hängen nicht am Menschen
Das gute Gedächtnis bedeutet nicht, dass Katzen sehr an ihren Menschen hängen. Sie kommen gut ohne den Menschen aus, denn sie sind eigenständiger und urtümlicher als ein Hund. Für eine Studie hat Daniel Mills mit Kollegen von der Universität von Lincoln (Großbritannien) Katzen von ihren Besitzern getrennt und mit fremden Personen oder auch ganz allein in einem Raum gelassen. Ergebnis laut Mills: „Anhängliche Individuen bleiben in ungewohnten Situationen dicht bei ihren Versorgern und zeigen Anzeichen von Stress, wenn sie von dieser Person getrennt werden. Das war bei unserer Studie nicht zu beobachten.“
Die Unabhängigkeit lockt Jäger nach draußen
Unabhängigkeit bedeutet auch, dass man sich als super Jäger selbst durchs Leben bringen kann. Auch John Bradshaw, Professor für Anthrozoologie an der britischen Universität von Bristol, stellte fest, dass unsere Stubentiger – zweibeinige Dosenöffner hin oder her – immer noch so ticken wie auf sich gestellte Beutegreifer.
Katzen denken anders als wir und ihre Sinne arbeiten auch anders. Laut John Bradshaw dürfe man Katzen nicht als „kleine bepelzte Menschen“ ansehen. Wir neigen dazu, die „Welt um uns so zu interpretieren, als ob diese die einzige objektive Realität sei“, so Bradshaw. Dies führe zur Vermenschlichung. Katzen sammeln Informationen über ihre Umwelt und das Gehirn interpretiert diese Infos, die im Spiel, durch Erfahrungen, Lernen und mit den Sinnen gesammelt werden. Wer die Katzen- und die Menschenwelt in ihrer Wahrnehmung gleich stellt, tut der Katze keinen Gefallen. „Es besteht die Gefahr, dass wir von unseren Katzen mehr erwarten, als sie leisten können“, warnt John Bradshaw. Dazu gehöre auch eine Vergesellschaftung „ohne Rücksicht auf ihren Ursprung als allein lebende territoriale Tiere.“
Katzen sind territorial
Territoriale Tiere, wie die Katzen, sind also mehr ans Revier gebunden als an eine Person oder einen Artgenossen. Der Tierpsychologe und Zoologe Prof. Paul Leyhausen hat auf die Einteilung von Katzenrevieren in Heime 1. und 2. Ordnung hingewiesen. Im 1. Heim wird geschlafen, gefressen und der Nachwuchs aufgezogen und im 2. Heim wird gejagt, gespielt und gestromert. Eine fremde Katze darf mal durch das Revier einer anderen Katze streifen, aber nicht wenn diese anwesend ist. Daran halten sich die Fellnasen, denn alles andere würde Zoff und Prügel bedeuten. Deshalb sind Katzen nicht asozial, man trifft sich aber lieber an neutralen Orten.
Der schmale Grat zwischen Nähe und Distanz
Dieses Revierverhalten bestimmt auch das Zusammenleben von Mensch und Mieze. Katzen betrachten Menschen als zu ihrer Familie zugehörig, aber der Mensch hat eine blöde Angewohnheit: Er läuft dauernd durch das Revier der Katze – auch wenn sie da ist. Viele Katzen gewöhnen sich daran, manche aber nicht. Übrigens: Geschlossene Türen verhindern den Zugang in beide Heime und es folgt ein Protestpinkeln und Protestkratzen meist vor der verschlossenen Tür.
Pinkelt die Katze jedoch ins Menschenbett, kann das bedeuten: Der Mensch spendiert ihr entweder zu viel oder zu wenig Nähe. Und warum schlägt Mieze plötzlich beim Streicheln zu? Na, irgendwann ist es genug mit Nähe. Wissenschaftler aus Brasilien, Österreich und Großbritannien haben festgestellt, dass es mehr gestresste Katzen in Gruppen gibt als gestresste Einzeltiere. Hierfür haben sie den auf Stress hinweisenden Cortisolgehalt im Kot gemessen. Erhöhte Werte fand man auch bei Katzen, wenn sie vom Streicheln genug hatten und dies ignoriert wurde.
Die Rangordnung ist Mieze wichtig
Die Rangordnung sieht in einer Katzenfamilie so aus: Die Führungsrolle hat meist eine ältere, starke Katze. Ihr haben sich die anderen unterzuordnen. Vielleicht hat das Oberhaupt noch eine Stellvertreterin, aber das war es dann auch schon. Die mittlere Ebene teilen sich Tiere, die sich mögen. Am unteren Ende sind die schwächsten Katzen. Logisch, dass die ranghöchsten Tiere das Vorrecht am Napf und bei der Wahl des Ruheplatzes haben. Die Rangfolge wird immer wieder mit Rangkämpfen überprüft, denn es könnte ja sein, dass das Oberhaupt schwächelt oder es kommt ein WG-Bewohner hinzu und stellt alles auf den Kopf.
Harmonie unter Katzen herrscht oft nur, wenn die Katzen untereinander und mit dem Menschen ähnliche Vorlieben in Sachen Nähe und Distanz haben. Wird das missachtet, kann es zu Verhaltensproblemen kommen. Ähnlich wie in der Katzenfamilie hält es Minka mit den Menschen in ihrer Familie: Erwachsene haben im Gegensatz zu Kindern gute Karten in der Autoritätsstellung. Und wenn der Katze etwas gegen den Strich geht, weil Menschen anders ticken, zickt sie herum.
Die wilden 5 Minuten bauen Energie ab
Auch die „wilden 5 Minuten“ liegen an der Unabhängigkeit der Katze. Urplötzlich rast sie durch die Wohnung, schlägt ihre Krallen in Decken und ist total von der Rolle. Ein paar Minuten später liegt sie da, als wäre nichts gewesen. Diese Raserei kann Freigänger und Wohnungskatzen gleichermaßen überkommen. Grund: Katzen sind unabhängig und wollen ihre angestaute Energie abbauen. Deshalb drängen sie – als eigentlich nachtaktive Tiere auch gerne bei Dunkelheit – nach draußen und drehen am Rad, wenn sie ihren Bewegungs- und Jagddrang nicht ausleben können.
Die Jagd hat nicht nur etwas mit Geduld vor dem Mauseloch, mit Bewegung und Geschick beim Fangen der Beute zu tun, sondern auch mit Grips. Katzen denken auch bei der Jagd, denn ein Jäger ohne Plan ist kein guter Jäger.
Das hält Katzenköpfchen auf Trab
Auch das Köpfchen der Katze braucht Herausforderungen und Training, um fit zu bleiben. Gefordert und gefördert werden die grauen Zellen mit:
- Informationen
- Reize
- Aufgaben
- Spiele
Samtpfoten sehen die Welt anders
Katzen nehmen die Umwelt anders wahr als Menschen. Der Fotokünstler Nickolay Lamm hat mit amerikanischen Wissenschaftlern die Welt der Katzen mit Bildbearbeitungen gezeigt. Dabei berücksichtigte er das rund 200 Grad große Gesichtsfeld, das im Gegensatz zum menschlichen Gesichtsfeld (etwa 180 Grad) mehr in der Umgebung wahrnimmt. Im Vorteil ist Miezes Sehsinn in der Dämmerung. Dafür hinkt er beim Erkennen von Farben hinterher: Für Katzen sieht die Welt blau-violett oder grün-gelblich aus. Auch mit der Fernsicht ab sechs Metern hapert es. Katzen gleichen das mit einem tollen Gehör aus. Der beachtliche Geruchssinn hilft wiederum dem dürftigen Geschmackssinn auf die Sprünge. Der Tastsinn ist ebenfalls sehr sensibel. Das zeigt: Oft spielen die Sinne dem Köpfchen Informationen und damit Arbeit zu. Text/Foto: Marion Friedl