Waschbären sind freche Wundertiere

Copyright: Marion Friedl

Wer einen Waschbär als Hausgast hat, ist vielleicht genervt. Andere wiederum finden Waschbären putzig. Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen, aber klar ist: Waschbären sind Wundertiere, denn sie können mit den Pfoten sehen.

Waschbären sehen mit den Pfoten

Natürlich jagen, fressen und pflegen sich Waschbären mit den Pfoten. Aber diese Pfoten haben es in sich. Die Vorderpfoten haben eine schützende Hornhaut. Im Wasser weicht der Waschbär diese Hautschicht auf, ohne den hervorragenden  Tastsinn zu reduzieren. Weitere Besonderfheit sind fünf Finger, denn die haben Raubtiere normalerweise nicht. Fast zwei Drittel seiner Sinnesleistungen erledigt der Waschbär mit dem Tastsinn und gibt dies ans Großhirn weiter. Hierfür nutzen Waschbären die Tasthaare über den Krallen. Diese Superausstattung ermöglicht  ein Wunder: Noch bevor die Pfote etwas berührt, sieht der Waschbär mit den Pfoten, was es ist. Cool, oder?

Lauschangriff auf Würmer und scharfer Blick ins Dunkel

Punkten kann der Waschbär auch mit einem Gehör, das echte Höchstleistung bringt. Es nimmt die leisesten Geräusche wahr. Nicht mal der Regenwurm kann sich ungehört in die Tiefe verkrümeln. Ergänzt wird das Super-Gehör durch einen sehr guten Sehsinn, der vor allem im Dämmerlicht gute Dienste leistet. Wichtig für das Wundertier Waschbär, denn er ist dämmerungs- und nachtaktiv sind.

Dufte Kommunikation der kleinen Naschbären

Waschbären sprechen auch mit der Nase. Der Geruchssinn funktioniert ähnlich wie bei Hunden: An mehr oder minder gut duftenden Hinterlassenschaften (z.B. Urin, Kot, Drüsensekret) werden Nachrichten „gelesen“ und es wird gerne eine eigene Botschaft als Leserbrief hinterlassen. Das ist Kommunikation.

Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Waschbären sogar Süßes schmecken können. Das ist nicht selbstverständlich, denn süße Geschmacksrichtungen bleiben  bei Raubtieren, die vor allem Fleisch fressen, meist auf der Strecke. Der Waschbär hält seinen Geschmackssinn fit, indem er neben Fleisch auch Pflanzen frisst.

Pfoten verbiegen und Waser abschütteln

Noch ein paar tolle Fakten: Waschbären sind mit 16 bis 24 km/h keine Raser, aber sie können hervorragend klettern. Vom Baum geht es im Vorwärtsgang herunter, während Katzen rückwärts herunter klettern. Damit dieses Kunststück gelingt, drehen Waschbären ihre Hinterpfoten so weit, bis sie komplett nach hinten zeigen.

Pudelwohl fühlen sich Waschbären im Wasser: Als Schwimmer bringen sie es auf fast 5 km/h. Sie haben nicht nur ein langes, wasserabweisendes Deckhaar, sondern auch ein dickes Unterfell als Kälteschutz.

Magische Kräfte und schlaues Köpfchen

Es ist kein Wunder, dass viele Völker den Waschbären von jeher bewundern, denn er ist ein schlaues Kerlchen: Die Tuscarora-Indianer staunten über sein Talent bei der Nahrungssuche. Die Dakota Sioux glaubten schon wegen seiner auffälligen Gesichtszeichnung an magische Waschbär-Kräfte. Die Azteken schrieben ihm übernatürliche Kräfte zu. In mitteleuropäischen Sagen trickst der Waschbär  Wölfe und Kojoten aus.

Die Wissenschaft machte die Probe aufs Exempel. Und siehe da: Der gewitzte Waschbär knackte elf Schlösser mit verschiedenen Verschlüssen. Auch Symbole konnten die Bären unterscheiden und – alle Achtung – nach drei Jahren erinnerten sie sich daran, welche Symbole gleich und welche verschieden sind.

Gourmets mögen es bequem und bei der Wohnung zählt die Lage

Waschbären sind sehr lernfähig und sie passen sich Gegebenheiten schnell an. Viele Waschbären verzichten aufs Landleben, weil in der City die Nahrungssuche einfacher und bequemer ist. In der Stadt ist das Streifgebiet maximal 0,8 Quadratkilometer groß, während Männchen auf dem Lande bis zu 49 Quadratkilometer weit herum kommen.

Wer keinen Waschbärbesuch haben will, weil die frechen Untermieter viel Unfug treiben, der sollte Mülltonnen sicher (!) verschließen, nichts Essbares herum liegen lassen und Waschbären nicht füttern. Gekürzte Äste können verhindern, dass der freche und wehrhafte Waschbär vom Baum auf den Dachboden kommt und sich dort ein Schlafquartier einrichtet. Schließllich bevorzugen Waschbären auch bei der Wohnungssuche den bequemen Weg zur gemütlichen Winterruhe.

Vielfältige Verwandtschaft

Der Waschbär lässt sich in keine bestimmte Schublade stecken. Laut Wikipedia gehört er in die Ordnung der Raubtiere, aber auch zur hundeartigen Überfamilie, sowie zu den marderverwandten Wesen und zur Familie der Kleinbären. Naja, Wundertier eben.

Deutschland ist längst Waschbärenland

Eigentlich ist der Waschbär in Nordamerika zu Hause, aber laut Wikipedia zeigen Fossilienfunde, dass es schon vor etwa 25 Millionen Jahren Kleinbären in Europa gegeben hat. Deutschland hat sich der Waschbär ab 1934 unter die Kralle gerissen: Damals wurden zwei Pärchen am Edersee in Hessen ausgesetzt, um sie anzusiedeln. 1945 bekamen sie Verstärkung, als in Brandenburg über 20 Waschbären aus einer Pelzfarm ausbüxten. Das wunderbare Ergebnis: 1956 gab es hierzulande 285 Waschbären, 1970 waren es rund 20.000 und 2005 wurde mit Leichtigkeit die 100.000er-Marke geknackt. Text: Marion Friedl / Foto: Petra Kloiber

About

Ich heiße Marion Friedl und bin Tierpsychologin und Journalistin. Mehr Infos gibt es übrigens auf der Seite: Über mich.

No comments yet Categories: Sonstige Tiere Schlagwörter:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*