So gewöhnt sich die Tierheimkatze gut ein

Copyright: Marion Friedl

In den Tierheimen warten viele Samtpfoten auf ein neues Zuhause. Es ist eine gute Entscheidung, wenn man einer Tierheimkatze eine zweite Chance gibt. Aber es kann zu Problemen kommen. Die fangen oft bei der Eingewöhnung an, aber Mieze kann geholfen werden.

Wissen kann helfen

Der wichtigste Schritt wird bereits im Tierheim getan. Löchern Sie das Personal mit Fragen: Woher kommt die Katze? Warum ist sie im Tierheim? Kommt sie mit Katzen und Menschen klar? Hat sie Angst oder Aggressionen und wenn ja, wann? Sind Vorlieben und Abneigungen aufgefallen? Wie verhält sich das Tier (scheu, frech, fröhlich, traurig, neugierig etc.)? Lagen oder liegen Krankheiten vor? Und, und, und… Je mehr man über die Vorgeschichte und das Tier weiß, umso eher kann man zuhause den Grund für ein Verhalten heraus finden und darauf gut reagieren. Damit kann Mieze die Eingewöhnung erleichtert werden.

Beispiel: Eine ältere Katze könnte bei einem Senioren gelebt haben, der nur ohne Stubentiger im Seniorenheim einziehen durfte oder gestorben ist. Diese Katze braucht Geduld, Zeit und Verständnis. Sie hat viel verloren: Ihren Menschen, ihr Zuhause und vielleicht auch Freunde im Freigänger-Revier. Sie musste sich bereits aufs Tierheim einlassen und nun soll sie sich wieder auf ein neues Heim und einen neuen Menschen einstellen. Hilfe bei der Eingewöhnung kann da nicht schaden.

Eine Umgewöhnung ist für alle Katzen kniffelig

Auch alle anderen Katzen – egal, welchen Alters – stehen vor einer neuen Herausforderung. Gewohntes hinter sich lassen und sich für Neues öffnen, fällt nicht leicht. Schlimm, wenn der Katze im bisherigen Leben auch noch einschneidende Dinge passiert sind. Sie könnte ausgesetzt, misshandelt oder unter schlechten Bedingungen gehalten worden sein. Dann muss sie unbedingt im neuen Zuhause von Anfang an gute Erfahrungen machen. Nur so merkt sie: Hier bin ich willkommen, man passt auf mich auf, ich bin sicher. Das bedeutet: In jeder Situation gelassen bleiben, die Nerven behalten und mit ruhiger Stimme sprechen. Der Neuzugang bracht ganz einfach Zeit. Jeder Mut und Optimismus muss belohnt werden.

Der richtige Name, genug Zeit und Glücklichmacher

Hier kommen hilfreiche Tipps, wenn eine Tierheimkatze einzieht: Kitten gewöhnen sich schnell an einen Namen, aber erwachsene Katzen sollten ihren gewohnten Namen behalten. Direkt nach dem Einzug sollte die Katze ihr neues Heim selbstständig und in Ruhe entdecken. Übrigens: Geschlossene Türen können zu Pinkelprotest führen.

Nehmen Sie sich Urlaub, um für die Katze da zu sein, aber auch danach gilt: Man muss sich für sein Haustier Zeit nehmen. Schon bei der Ankunft der Fellnase sollte alles da sein, was wichtig und beliebt bei Katzen ist. Dazu gehören z.B. Kratzbaum, Bett, Kissen, Decke, Näpfe, Spielzeug, Pflegezubehör etc.

 Vor dem Freigang das Vertrauensband knüpfen

Freigänger sollten nicht sofort Ausgang bekommen. Sie müssen sich an ihre Menschen und ihre Wohnung erst gewöhnen und eine Bindung aufbauen, damit sie auch gerne wieder heimkommen. Deshalb bitte erst nach ein paar Wochen und mit guter Bindung die Tür zur Freiheit öffnen. In der Zwischenzeit kann man vielleicht eine gesicherten Kompromiss finden und beispielsweise Frischluft auf einem mit Katzennetz gesicherten Balkon anbieten.

Vorlieben sollten berücksichtigt werden: Das können eine bestimmte Futtersorte, gewohnte Fütterungszeiten oder beliebte Spiele sein. Das Vertrauen der Tierheimkatze kann man auch spielerisch gewinnen. Eine Futterspur mit Käsestücken auf dem Boden und auf der Sofalehne führt immer näher zum Menschen. Man kann den Käse auch an eine Schnur binden und mit zuckenden Bewegungen zu sich heran ziehen. Das lockt die Katze im Spiel an und befriedigt  den Jagdtrieb.

Das erste Streicheln sollte bei diesen Lockspielen nicht übereilt stattfinden. Die Katze muss bereit dafür sein. Erst ist es nur eine kleine Berührung, wenn sie sich das letzte Stück Käse holt, beim nächsten Mal ist es ein kurzes Streicheln und später bleibt sie ein wenig beim Menschen. Auch beim Kuscheln wird sie nach und nach die Distanz reduzieren. Jeder Zentimeter ist ein Zentimeter Vertrauen.

Diffiziles Thema Katzenklo und Ersatz für Verstecke

Wichtig ist auch das Thema Katzentoilette: War sie ein Klo mit oder ohne Haube gewohnt? Wo stand es? Welche Streu mochte sie? Man sollte möglichst ein ähnliches Katzenklo, eine ähnliche Streu und ähnliche Standortbedingungen anbieten, denn Katzen sind gerade beim Katzenklo sehr wählerisch.

Schon in der Eingewöhnungsphase sollte die Katze am Alltag des Zweibeiners teilnehmen dürfen. Beobachten in der Küche, Kontakt aufnehmen am Schreibtisch, Besuche im Bett und Begleitschutz für den Menschen mit freiem Zugang zu allen Räumen gehören dazu.

Neuzugänge verstecken sich vor allem anfangs gerne. Das Sofa oder der Schrank sind beliebte Verstecke. Achtung: Es kann auch die befüllte Waschmaschine sein. Das Versteck sollte z.B. mit Kartons blockiert werden. Stattdessen kann man der Katze eine Kuschelhöhle anbieten, aus der sie nie herausgeholt wird. Sie muss ihre  Höhle freiwillig aufsuchen und verlassen können. Nur so ist es ein sicherer Rückzugsort.

Hilfe aus der Natur und vom Tierarzt

Es gibt auch sanfte Helfer aus der Natur: Die Bach-Blüte Star of Bethlehem hilft bei  Trauer, Besitzerwechsel, Tierheimaufenthalt, Heimweh und schlechten Erfahrungen. Der Duft von Lavendel in einer Duftlampe kann beruhigen, klären und harmonisieren.

Natürliche Helfer ersetzen keinen Tierarzt. Eine Tierheimkatze sollte möglichst bald nach dem Einzug beim Tierarzt vorgestellt werden, denn man will ja sicher gehen, dass der neue Mitbewohner gesund und fit ist. Vielleicht macht ja der Tierarzt einen Hausbesuch, damit die Katze ihr neues Zuhause nicht gleich wieder verlassen muss und dann auch noch in einer nicht unbedingt beliebten Praxis landet.

Generell gilt: Der Neuankömmling muss genau beobachtet werden: Appetitlosigkeit, Unsauberkeit, Abwehr, Rückzug kann auch einen gesundheitichen Grund haben und nicht nur am Eingewöhnungsprozess oder an schlechten Erfahrungen liegen. Lieber einmal zu oft den Tierarzt gefragt, als einmal zu wenig. Text/Foto: Marion Friedl

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Ich heiße Marion Friedl und bin Tierpsychologin und Journalistin. Mehr Infos gibt es übrigens auf der Seite: Über mich.

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