Qualzuchten: Augen auf beim Hundekauf

Copyright: Marion Friedl

Beim Hundekauf ist vielen nicht bewusst, dass ihr neuer Hund zu den Qualzuchten gehört. Andere ignorieren das einfach, denn Hauptsache die Optik stimmt. Das Leid der Tiere, Folgeerkrankungen und deren aufwändige Behandlungen werden in Kauf genommen.

Seit dem Neginn der Domestizierung unseres treuen Weggefährten Canis lupus vor 17.000 Jahren wurden unzählige Rassen mit nützlichen Eigenschaften gezüchtet. In den letzten 100 Jahren rückte das Aussehen immer stärker in den Fokus. Ein klassisches Beispiel hierfür ist laut Bundesverband für Tiergesundheit (BfT) der Mops: Ursprünglich war er ein agiler, bewegungsfreudiger Hund. Heute gehört er zu den  kurzköpfigen Rassen (Brachyzephalie). Das gleiche Schicksal haben die Französische Bulldogge, der Shih Tzu oder der Pekinese. Sie haben gemeinsam: Ihre Schädel waren nicht immer so kurz wie heute.

Schwerwiegende gesundheitliche Folgen

Obwohl sie offiziell als Qualzucht gelten, sind brachyzephale Rassen sehr beliebt. Laut einer Studie würden sich 93 % der Besitzer einer Kurznase die gleiche Rasse noch einmal anschaffen. Und das, obwohl Einschränkungen und Erkrankungen ständige Wegbegleiter dieser Tiere sind. Ethische Zweifel scheint es nur gering bis gar nicht zu geben.

Qualzuchten wie der „moderne“ Mops leiden laut BfT unter vielen Erkrankungen, wie etwa  Atembeschwerden wegen der kurzen Nase oder Augenprobleme wegen des zu kurzen und zu kleinen Schädels. Die Augen sitzen zu flach in den Augenhöhlen und können sogar herausspringen. Häufig ist durch ständige Hornhautreizungen und -verletzungen die Sehkraft beeinträchtigt. Die extreme Schädel- und Gebissform kann zu Hörproblemen und zu chronischen Zahnschmerzen führen. Das Gehirn kann sich nicht richtig entwickeln und es gibt neuronale Ausfälle. Oft helfen nur aufwändige Operationen, um das Leid der Tiere zu reduzieren.

Extremzüchtungen haben häufig auch zu wenig Körper für zu viel Haut, weil eine starke Faltenbildung gewünscht ist. Die aber begünstigt Hautentzündungen. Auch die inneren Schleimhäute sind oft zu stark ausgebildet und engen den Magenausgang ein. Häufige Folge ist chronisches Erbrechen. Auch bei der französischen Bulldogge sind Magen-Darm- und Atemwegs-Probleme bekannt. Typisches Symptom ist ein chronischer Husten. Letztlich kann die einseitige Zucht auch die  Immunabwehr stören.

Sehr beliebt sind auch spezielle Fellfarben, wie z.B. der cremefarbene Dobermannpinscher. Diese geht auf einen Gendefekt zurück. Die Mutation kann zu Sehstörungen oder Hautkrebs führen.

Verbot von Qualzuchten ist gesetzlich geregelt

Das deutsche Tierschutzgesetz regelt die Definition und das Verbot von Qualzuchten. Verboten ist die Zucht von Tieren, wenn bei den Nachkommen wegen der erblich bedingten Merkmale Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten. Problem: Die Vorgaben werden nur unzureichend umgesetzt, so der BfT.

Grundsätzlich sind alle domestizierten Tiere von diesem Trend betroffen, besonders auffällig sind die Extreme jedoch bei Hunden, Katzen und Kaninchen. Einige Rassen sind pauschal als Qualzuchten eingestuft, bei anderen fallen nur Tiere mit besonders ausgeprägten Merkmalen unter diese Definition. Jeder Kauf eines solchen Tieres fördert die Zucht weiterer Tiere. Echte Hundefreunde verzichten deshalb auf den Kauf von Kurznasen und Tieren mit sonstigen Beeinträchtigungen. Informieren Sie sich vorab gründlich und lassen Sie sich vom Tierarzt über die Rasse beraten.

Qualzuchten auf einen Blick

Die Tierschutzorganisation Peta und der BfT nennen folgende Hunderassen, die von  Qualzucht betroffen sein können:

  • Mops
  • Shih Tzu
  • Pekinese
  • Französische Bulldogge
  • Englische Bulldogge
  • Deutscher Schäferhund
  • Chihuahua
  • Dackel
  • Rhodesian Ridgeback
  • Faltenhunde
  • Teacup-Hunde (Zwerghunde), z.B. Zwergpinscher, Toy-Pudel
  • Hunde mit Merle-Fell, z.B. Collie, Australian Shepherd, Deutsche Dogge
  • Blaue/silberne Hunde (Blue Line), z.B. Labrador, American Staffordshire

Vielleicht wundern Sie sich, dass z.B. der Deutsche Schäferhund auf der Liste steht, doch er hat oft einen zu stark abfallenden Rücken und eine zu lange Hinterhand. Dadurch kommt es oft zu Hüftgelenksdysplasie (HD) und Arthrose im Alter. Probleme am Bewegungsapparat (z.B. Bandscheibenvorfall) haben auch viele Dackel, weil sie einen langen Rücken und kurze Beine haben. Sie fragen sich, was die Fellfarbe mit Qualzucht zu tun hat? Fellfarben, wie z.B. Merle oder blau, sind nur durch das Erzeugen einer Genmutation zu erreichen. Die Folgen können Blindheit, Taubheit, gestörte Immunabwehr, Hauterkrankungen und Herzprobleme sein. Ein anderes Problem hat der Rhodesian Ridgeback: Ihm wurde ein Fellstrich angezüchtet, der entgegengesetzt zur Wirbelsäule verläuft. Das kann Zysten, Veränderungen an der Wirbelsäule und Lähmungen verursachen. Text/Foto: Marion Friedl

About

Ich heiße Marion Friedl und bin Tierpsychologin und Journalistin. Mehr Infos gibt es übrigens auf der Seite: Über mich.

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