Paulchens Welt: Mein Leben am Zaun

Copyright: Marion Friedl

Manchmal muss ich zugeben: Frauchen hat Geschmack. Sie hat doch tatsächlich ein tolles Zuhause für uns gefunden und das hat nicht nur ein Gassi-Revier direkt vor der Haustür, sondern auch einen wunderschönen Paulchen-Garten. Der Garten hat nur einen Fehler: Er hat einen Zaun. Das wäre nicht nötig gewesen, wie ich finde. Aber Frauchen ist da – natürlich mal wieder – ganz anderer Meinung. Sie nennt den Zaun eine Sicherheitsvorkehrung für mich. Nun ja…

Aus dem Schild „Ich bin Paulchen“ wurde nichts

Das Leben am Zaun führt automatisch zu vielen Bekanntschaften. „Vielleicht sollten wir ein Schild aufstellen, auf dem steht: Ich bin Paulchen, acht Monate jung und immer gut drauf“, meinte Frauchen anfangs. Ich sah sie schon das Schild basteln und zog instinktiv den Kopf ein, denn meine Zweibeinerin ist handwerklich nicht ganz so geschickt, wenn ich es mal so bezeichnen darf. Anscheinend war ihr das bewusst, denn sie verzichtete auf das Schild und setzte stattdessen auf Zaungespräche. Sie erzählte jedem, wer ich bin.

Das führte dazu, dass ich eigentlich gar nicht mehr wachsam lauern muss, ob und wer demnächst vorbei spazieren wird. Es gibt nämlich Leute, die rufen schon „Paulchen!“ bevor sie überhaupt an meinem Garten angekommen sind. Sogar der Postbote kennt meinen Namen und wenn ich namentlich angesprochen werde,  verbelle ich den höflichen Menschen auch nicht.

Geschenke am Zaun erhalten die Freundschaft

Viele Passanten haben sehr gute Manieren: Sie bringen mir immer wieder etwas mit. Frauchen muss das gar nicht sehen, um zu wissen dass mal wieder Geschenke über den Zaun gereicht werden. „Immer, wenn Du fiepst, weiß ich was los ist“,sagt sie und übersieht dabei eine grandiose weitere Dankeschön-Leistung meinerseits: Ich lasse meinen Schwanz kreisen wie einen Propeller, damit der freundliche Zaungast auch sieht, dass ich mich freue. Dieses Zeichen versteht jeder und meistens wird das mit dem Versprechen „Ich bringe Dir wieder mal was mit“ gewürdigt. Cool!

Bellen gegen Gehhilfen und Distanz

Was Frauchen wundert, ist meine unterschiedliche Art der Kommunikation. Eine Frau mit Gehhilfe kläffe ich an, während ich sonst recht zurückhaltend bin. Gut, ich muss zugeben, diese Gehhilfe hat mich irritiert. So etwas habe ich vorher noch nie gesehen, aber inzwischen gewöhne ich mich daran und bin schon ruhiger geworden. Dann gibt es eine Frau, die immer mit Abstand zum Zaun stehen bleibt und mit mir spricht. Das ist nett, aber hey: Warum kommt die nicht an den Zaun und streichelt mich? Da kann ich kläffen, was ich will, sie lässt sich einfach nicht dazu ermuntern.

Machos belle ich schon mal den Marsch

Bei den Vierbeinern setze ich auf prüfende, aber charmante Begleitung entlang des Zauns. Ich sehe mir alle genau an, denn die spazieren schnurstracks am Zaun vorbei in mein Gassi-Revier. Schließlich lassen Menschen auch nicht jeden in den Garten oder ins Haus. Also checke ich erst mal, wer da so lang läuft und meckere nicht lautstark herum, wenn sie die Kontrolle von Zaunsteher Paulchen bestanden haben. Schließlich begegne ich ihnen ja auch in meinem Gassi-Revier und da sollten die Respekt haben vor mir…

Aber es gibt zwei Hunde, denen ich sagen muss, wo es lang geht. Der eine ist groß und ein echter Macho mit imposantem Gang und erhobenem Schwanz. Hallo? Hier wohne ich und wer an mir vorbei ins Gassi-Revier will, sollte es nicht übertreiben… Also belle ich dem den Marsch. Das mache ich auch bei einem kleinen Hund, der es faustdick hinter den Ohren hat.  Der kläfft mich an, zieht an der Leine sein Frauchen hinterher und wenn ich ihn nachdrücklich bellend zurecht weise, pinkelt der an meinen Gartenzaun. Ja, geht’s noch? Kleiner als ich und meint, er ist der Größte… Das kann ich ihm auf keinen Fall durchgehen lassen und belle ihn aufgebracht an.

Irre, dieses Affentheater der schwarzen Katze

Letztens habe ich Frauchen mit einer besonderen Art des Bellens in Alarmbereitschaft versetzt. Ich wuffte mit Pausen zwischendrin und Frauchen sah sofort nach, was da am Gartenzaun los ist. Und sie hat gelacht, weil eine schwarze Katze ihre Späße mit mir trieb. Sie setzte sich hin und maunzte mich an, sie hob ihre Pfote und wollte nach mir schlagen, konnte aber offensichtlich nicht die Entfernung einschätzen, denn sie saß eindeutig zu weit vom Zaun entfernt. Dann fauchte sie auch noch und zu guter Letzt ärgerte sie mich auch noch: Sie flitzte einen Meter hin und einen Meter her und ich machte es ihr bellend nach. Ein Affentheater – äh Katzentheater – war das.

Genau das kommentierte mein Frauchen mit einem  unangemessenem Lachen. „Die weiß, dass Du nicht raus kannst und macht sich einen Spaß aus Deinem Theater“, meinte sie. Natürlich wollte ich das sofort zurecht rücken: Mein Theater? Sie hat angefangen mit dem Theater. Aber mein Frauchen hatte dafür kein Verständnis und lachte weiter.

Meine Nachbarn haben voll den Durchblick

Da lobe ich mir meinen Nachbarn: Der kam auf den Balkon, sah die Respektlosigkeit der Katze und machte „ks, ks“ – worauf die Katze sofort verschwand. So geht das,  Frauchen. Überhaupt: Auch der schlaue Nachbar und seine Frau sind meine  Zaungäste. Und die sind äußerst spendabel. Sie streicheln mich nicht nur, sondern  spendieren mir auch mal ein Leckerli oder einen Kauknochen. Und wenn ich morgens meine erste Runde im Garten drehe, werde ich von ihr mit „Hallo Paulchen“ und von ihm mit „Da ist ja mein Freund“ begrüßt. Sehr nett, oder?

Fazit: Der Zaun stört nicht sonderlich

Alles in allem muss ich sagen: Ich hätte keinen Zaun gebraucht, aber er beruhigt Frauchen und meine Zaunbekanntschaften sind echt super. Langweilig wird es hier im neuen Zuhause nie und weil ich friedlich bin und alle über den Zaun greifen lasse, ist der Zaun kein Hindernis. So gesehen: Der Zaun kann meinetwegen bleiben, er stört die Kommunikation nicht sonderlich. Text: Paulchen / Foto: Marion Friedl

About

Ich heiße Marion Friedl und bin Tierpsychologin und Journalistin. Mehr Infos gibt es übrigens auf der Seite: Über mich.

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