Mein Frauchen hat mir etwas vorgelesen, das für mich nur eins bedeutet: Euer Kimba wird noch aufmerksamer durch den Wald laufen, denn da soll es Goldschakale geben. Ihr glaubt, dass ich Euch Hundemist erzähle? Von wegen! Wenn das mit dem Goldschakal nicht stimmt, müsst Ihr Euch beim Deutschen Tierschutzbund beschweren, denn der hat in seinem Magazin „Du und das Tier“ darüber geschrieben. Ich erzähle Euch nur, was in dem Artikel von James Brückner stand. Und da stand drin, dass die Goldschakale in Deutschland herum laufen. Einfach so.
Ein Südosteuropäer auf Wanderschaft
Zuerst habe ich mich mal gefragt, was ein Goldschakal ist und wo der plötzlich herkommt. Aus Afrika, Asien oder Arabien angeschippert? Nö, angeblich gibt es die Viecher auch in Südosteuropa und von da haben sie sich auf die Wanderschaft begeben. Ziel: Womöglich mein Revier – aber dazu später. Ich habe so einen Goldschakal noch nie gesehen und ich habe auch noch nix von ihm gehört. Soll aber dem Hund ähnlich sehen. Oder dem Fuchs. Oder eine Mini-Ausgabe vom Wolf sein. 80 bis 95 Zentimeter lang und acht bis zehn Kilo schwer soll er sein – na, da habe ich als zu groß geratener Sheltie und zu klein geratener Collie aber die Nase vorn. Kann nichts schaden und ich muss mich nicht fürchten, wenn ich ihm wirklich im Wald begegnen sollte, denn der frisst angeblich mit Vorliebe Mäuse und ich bin keine Maus.
Das ist traurig: Lebensgefahr für den Schakal
Dass ich den Goldschakal treffe, ist eher wie ein Sechser im Lotto, sagt Frauchen. Und wir spielen Lotto. Deshalb weiß ich: Jede Woche warten und wieder kein Sechser. Es ist aber auch irgendwie traurig, dass die Schakale nicht meine Wege kreuzen. Die werden nämlich abgeschossen. Stand zumindest in dem Artikel, den mir Frauchen vorgelesen hat: In Österreich hat man den ersten Goldschakal 1987 gesichtet und der wurde vom Jäger erschossen. Der erste Goldschakal in Deutschland wurde 1990 in der Lausitz illegal geschossen. Aber diese Goldschakale geben nicht auf: 2012 tappte einer im Bayerischen Wald in eine Fotofalle und der Schnappschuss war nicht lebensgefährlich. Anscheinend wollen die Goldschakale Europa erobern, denn es gab weitere Sichtungen: 2011/12 Schweizer Nordwestalpen, 2013 Trentino (Italien), 2014 Südtirol, 2015 Hessen. Auch in Dänemark und den Niederlanden ließen sich Goldschakale blicken. Einen jungen Schakal hat 2016 ein Schweizer Jäger mit einem Fuchs verwechselt und das endete mal wieder tödlich für den Goldschakal.
Ich habe keine Angst vor dem Goldschakal
Ich sage: Flinte weg! Schaut mich an: Ich bin echt kein Held, aber ich habe keine Angst vor dem Goldschakal. Bei anderen Zuwanderern geht mir da schon eher die Düse, aber auch die muss man doch nicht gleich umbringen: So ein Elch ist riesig und ein Geweih hat der – alle Achtung! Aber er ist Vegetarier und frisst keine Hunde. Einen Bären habe ich mal im Zoo gesehen – ich wollte da gleich wieder weg, während Frauchen todesmutig mit ihrem Fotoapparat an die Mauer des Geheges ging. Nee, der Bär ist kein Kumpel für mich und der will ebenso wie der Elch zu uns nach Deutschland. Und der Wolf ist teilweise schon da. Also nicht in meinem Gassi-Revier, aber andernorts heult er rum. Also auch wenn das der Urvater der Hunde ist, mit Haushunden können die gar nichts anfangen. Ich auch nicht mit Wölfen. Mache ich lieber einen großen Bogen rum – auch wenn mein Frauchen sagt: Keine Angst, wenn Du bei mir bleibst, dann tut Dir der Wolf nichts, sondern er haut ab. Gibt mir zu denken: So schrecklich ist mein Frauchen nicht, dass man vor ihr Reißaus nehmen müsste. Warum also sollte es der Wolf tun? Egal, dicke Freunde werden der Wolf und ich nicht. Und wenn sich Frauchens Traum wirklich mal erfüllen sollte und sie einem Wolf ganz nah begegnet, dann bin ich raus aus der Nummer. Muss sie allein hinkriegen…
Man muss sie nicht gleich abschießen
Es ist aber auch nicht wichtig, ob ich mit irgendeinem Zuwanderer Freundschaft schließe oder nicht. Man muss sie nicht gleich abknallen. Und schon gar nicht so einen kleinen Goldschakal, finde ich. Aber nein, das sehen einige Jäger anders: In dem Artikel stand nämlich, dass Jäger z.B. in Baden-Württemberg „alarmiert“ und „argwöhnisch“ sind. Und das obwohl der Schakal noch gar nicht in Baden-Württemberg herum tigert.
Pinkel-Gespräche mit dem Revier-Eindringling
Also bitte: Man muss sich doch nicht über Dinge aufregen, die noch gar nicht passiert sind. Okay, ich bin ein Hund und Hunde leben in der Gegenwart. Das gebe ich zu. Wir machen uns keine großen Sorgen um die Zukunft – außer der Napf ist leer. Wenn die Zukunft irgendwann Gegenwart ist, kann ich immer noch darüber nachdenken – aber auch nur wenn in der Gegenwart ein Problem auftaucht. Ich finde, ich bin ein schlauer Hund. Sagt mein Frauchen auch immer zu mir – also muss es stimmen. Und als schlauer Hund warte ich jetzt erst mal ab. Wenn sich wirklich mal ein Goldschakal in meinem Gassi-Revier herum treibt, dann rede ich mit ihm: An einen Baum pinkle ich die Botschaft „Mein Revier“ und dann schaue ich mal, ob sich der Schakal verkrümelt oder ob er noch Gesprächsbedarf hat. Außerdem: Ich bin ja nicht 24 Stunden lang im Gassi-Revier, da kann man sich doch einigen: Wenn ich komme, macht sich der Goldschakal vom Acker und wenn ich wieder weg bin, darf er mein Revier mitbenutzen.
Schakale brauchen ein Zuhause – aber nicht meinen Garten
Ich habe ein Zuhause und ich sehe ein: Auch Schakale brauchen ein Zuhause. Deshalb darf er in meinem Gassi-Revier rumgurken. Aber nicht meinen Garten. Das geht gar nicht. Aber Frauchen meint, dass das unwahrscheinlich ist: Erstens ist bei uns in München noch gar kein Schakal unterwegs, zweitens ist um meinen Garten ein Zaun rum, drittens werfen wir keine fressbaren Sachen ins Freie, die Wildtiere anlocken könnten. Einziges Problem: Mein Frauchen. Wenn die einen Goldschakal im Garten sieht, will sie ihn bestimmt fotografieren. Und sie würde ihn freundlich behandeln und abwarten bis er von selber geht. Was bedeutet: Gastfreundschaft für Goldschakale. Könnte ein Problem werden. Aber wie gesagt: Ich denke nicht über die Zukunft nach und wenn der Goldschakal in der Gegenwart auftaucht, wuffe ich mal so schrecklich wie ich nur kann und dann wollen wir sehen, wer hier das sagen hat in meinem Garten… Text/Foto: Marion Friedl