Irre: Katzenknast für den Vogelschutz

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Kommentar – In Walldorf (Baden-Württemberg) wandern Freigänger in den Katzenknast, damit der bedrohten Haubenlerche nichts passiert. Wenn Mieze sich nicht an den Stubenarrest hält und erwischt wird, droht dem Katzenbesitzer eine Geldstrafe von 500 Euro. Richtig ober überzogen? Ich sage: Was zu weit geht, geht zu weit.

Haubenlerche brockt Miezen Freigang-Verbot ein

Erst mal die Sachlage: Derzeit haben in Walldorf Katzen Hausarrest, weil die vom Aussterben bedrohte Haubenlerche auf dem Boden brütet. Zugegeben, leichte Beute für Katzen, aber deswegen bis Ende August kein Freigang mehr? Der Bürgermeister ist gegen das Freigang-Verbot, aber er kann die Entscheidung des Rhein-Necker-Kreises nicht kippen. Nun geht der örtliche Tierschutz auf die Barrikaden und will gegen die Entscheidung des Kreises Widerspruch einlegen.

Stubenarrest für Freigänger führt zu schweren Verhaltensproblemen  

Verständlich, dass Vogelschützer sich über den Katzenknast freuen. Aber es geht wirklich zu weit. Katzen, die nie draußen waren, kommen mit dem Dasein als Wohnungskatzen gut zurecht. Freigänger aber reagieren mit Verhaltensproblemen, wenn ihnen die Freiheit genommen wird. Sie protestieren mit Stubenunreinheit, Lärmen, Kratzattacken auf Türen, Mobiliar und mehr. Es kann sogar noch schlimmer kommen: Depressionen sind ebenso möglich wie das rastlose Hin- und Hertigern am Fenster. Diese ernste Verhaltensstörung nennt man Stereotypie.

Zum Tierschutz gehört auch das Wohl der Katzen

Diese Fakten waren Grundlagen bei meiner Ausbildung zur Tierpsychologin – also das kleine Katzen-ABC. Wenn so ein schwerwiegender Beschluss gefasst wird, erwarte ich, dass das Veterinäramt beteiligt wir und diese Fachbehörde mit einem Veto die Umsetzung verhindert. Schließlich geht es hier nicht nur um den Schutz eines Wildvogels, sondern auch um den Tierschutz für Katzen und deren Wohl. Der Tierschutz wird nun zu Recht aktiv und schlägt sich auf die Seite der Fellnasen.

Das kleine Katzen-ABC muss sitzen

Ich setze voraus, dass die Experten im Veterinäramt das kleine Katzen-ABC gelernt haben und beherrschen. Wenn nicht, dann sollten dringend ihre Fachkenntnisse überprüft werden – und zwar auch bei anderen Entscheidungen rund ums Tier. Wenn schon das kleine Katzen-ABC nicht sitzt, dann besteht das Risiko, dass es auch anderweitig Wissensdefizite gibt. Ein empörtes „Pfui“ sage ich, wenn das Veterinäramt übergangen wurde und der Katzenknast ohne Rücksprache mit  Experten beschlossen wurde.

Die Fehlentscheidung muss zurückgenommen werden

Viele Katzenbesitzer dürften nun am Verzweifeln sein, weil ihre eingesperrte Katze Ärger und Sorgen macht. Und viele zum Indoor-Dasein verdonnerte Katzen dürften schwerwiegende Probleme haben und sich absolut nicht wohl fühlen. Ich finde: Das Freigang-Verbot muss sofort weg! Und eigentlich wäre es nur gerecht, wenn der Rhein-Neckar-Kreis als Strafe für so eine Fehlentscheidung jedem betroffenen Katzenhalter 500 Euro zahlen müsste. Das wird leider nicht passieren, aber wenn man übers Ziel hinaus schießt und Schaden anrichtet, wie etwa psychische Probleme bei Katzen und Schäden in der Wohnung, dann muss man für die Folgen auch gerade stehen. Fazit: Eine grottenschlechte Entscheidung ohne fachliche Kompetenz, die sofort zurückgenommen werden muss. Text/Foto: Marion Friedl

 

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Ich heiße Marion Friedl und bin Tierpsychologin und Journalistin. Mehr Infos gibt es übrigens auf der Seite: Über mich.

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