In jedem Hund steckt ein bisschen Wolf

Copyright: Petra Kloiber

Ob klein oder groß: Wer einen Hund hat, der lebt sozusagen mit einem Miniwolf zusammen. Der Vierbeiner zeigt uns täglich, wie viel Wolf trotz Domestikation im Hund steckt.

Geerbtes Verhalten ist unabänderlich

Manches Verhalten ärgert den Menschen vielleicht. Dazu gehört beispielsweise buddeln, heulen und Kreis treten. Die schlechte Nachricht: Angeborenes, geerbtes Verhalten ist unabänderlich. Es kann nicht abgewöhnt bzw. korrigiert werden. Trostpflaster: Der Wolf im Hund ist meistens halb so wild.

Buddeln ist schlau

Frauchen gräbt die Blumenzwiebeln ein, der Hund buddelt sie wieder aus. Und Herrchen findet bei der Gartenarbeit unter der Erde einen gammeligen Kauknochen. Bescheuert? Von wegen! Buddeln macht Sinn, sagt der Wolf im Hund. Wölfe vergraben Nahrung für Notzeiten. Dieses schlaue Buddeln ist so fest im Hund verankert, dass er es nicht nur beim Kauknochen praktiziert. Auch Hunde ohne Garten verbuddeln Habseligkeiten. Man findet aber nicht nur Leckerlis oder Trockenfutter unter Kissen, Decken, Teppichen oder im Hundebett. Es wandern auch Kugelschreiber, Feuerzeuge, Schuhe oder ähnliches ins Vorratslager.

Nach dem Kreistreten kannst Du ruhen

Vor dem Nickerchen legt sich die Fellnase nicht einfach hin. Er dreht sich im Kreis, kratzt das Kissen glatt und scharrt, als würde er störende Steine und Äste aus dem Bett befördern. Dieses „Kreistreten“ ist Alltag für Wölfe, wenn er es sich in einer  sauberen und weichen Schlafkuhle gemütlich machen will. Klar, im Hundebett liegt kein piekendes Zeug, aber der Wolf im Hund sagt: Geh auf Nummer Sicher und scharre.

Gut geheult, Miniwolf

Wer braucht schon den Vollmond für ein Konzert? Kein Hund und auch kein Wolf. Dass sie den Mond anheulen, ist fast romantisch. In Wirklichkeit verständigen sie sich heulend auf weitere Distanzen mit Artgenossen. Wölfe halten mit diesem weit hörbaren Smalltalk Kontakt mit dem Rudel Kontakt. Sie heulen ihre Nachrichten in die weite Landschaft und bekommen selbstverständlich Antwort.

Der Teddy wird totgeschüttelt

Der Umgang mit dem Plüschtier fällt bei Hunden mitunter rabiat aus. Nein, das ist keine Aggression. Mangels Jagdbeute wird der Teddy kräftig durchgeschüttelt. Grund: Wölfe schütteln ihre Beute so lange bis es mit gebrochenem Genick im Maul hängt. Und das Jagdverhalten gehlört beim Hund ebenfalls zum wölfischen Erbe. So gesehen: Gut, dass der Hund nur ein Plüschtier totgeschüttelt hat.

Den Jagdtrieb besser nicht fördern

Der vom Wolf geerbte Jagdtrieb ist rund 10.000 Jahre nach der Domestikation noch in den Hunden wach. Das kann gefährlich werden: Alles, was wegläuft, ist für Wolf und Hund Beute. Leider gilt das auch für weglaufende Kinder, Jogger und Radfahrer.  Von klein auf sollte der Jagdtrieb unterdrückt oder umgelenkt werden auf eine andere „Beute“ (z.B. Apportieren des Futter-Dummys). Bei Hunden mit einem starken Jagdtrieb sollte auf Jagdspiele (z.B. Reizangel, Zerrkordel) verzichtet werden. Diese Hunde brauchen eine konsequente Erziehung, damit sie abrufbar sind und Kommandos befolgen. Ein Restrisiko bleibt bei jedem Hund, denn wie gesagt: Geerbtes, angeborenes Verhalten kann nicht abgewöhnt werden.

Wölfe sind ängstlicher als Hunde

Das gesamte Ausdrucksverhalten mit Lauten, Bewegungen und Körpersignalen stammt von den wilden Verwandten. Aber Achtung! Manches fällt beim Hund stärker aus: Ein Hund verteidigt aktiv sein Revier, aber ein Wolf geht Fremden in der Regel aus dem Weg. Nur wenn der Mensch sehr nah kommt oder dem Wolf droht bzw. wenn der Wolf Nahrung verteidigen oder ein Jungtier beschützen muss, werden Wölfe mutig. Ein Wolf überlegt sich gut, ob es sich lohnt Energie zu verschwenden, die er für die Jagd, das Rudel, die Revierkontrolle und weitere Wege braucht.

Der Wolfs-Forscher Erik Zimen hat bei Verhaltensstudien nachgewiesen: Wenn sich ein Fremder dem Grundstück näherte, gingen die Hunde in ihrem eingezäunten Bereich nach vorne, bellten und drohten dem vermeintlichen Eindringling. Die Wölfe aber hatten sich in ihrem Gehege zurückgezogen und – nun ja – vor Angst sogar in die Fellhosen gepinkelt. Text: Marion Friedl / Foto: Petra Kloiber

About

Ich heiße Marion Friedl und bin Tierpsychologin und Journalistin. Mehr Infos gibt es übrigens auf der Seite: Über mich.

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