Hunde fernsehen anders als Menschen
Copyright: Marion Friedl

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Die einen Hunde liegen gemütlich herum und strafen das Fernsehprogramm mit Nichtachtung. Andere Hunde fernsehen aktiv. Doch warum sehen Hunde fern, was nehmen sie wahr und verstehen sie, worum es geht? Es ist Zeit für Antworten.

Das können Hundeaugen wahrnehmen

Zu allererst muss man wissen, dass Hunde anders sehen als Menschen. Das Auge ist anders beschaffen und der Hund sieht deshalb die Welt und alles was sich darin befindet – inklusive Menschen – etwas rundlicher als wir. Auch bei den Farben gibt es Unterschiede: Vorausgesetzt der Mensch ist nicht farbenblind, sieht für ihn die Welt sehr bunt aus. Beim Hund fallen hingegen die roten und grünen Farbtöne weg. Überhaupt lassen die Hundeaugen etwas zu wünschen übrig: Wenn sich Dinge sehr nah bei ihm befinden, hapert es mit der Sehschärfe. Wenn der Hund scharf fernsehen soll, muss er etwa 40 bis 50 Zentimeter von der Flimmerkiste entfernt sein.

Es kommt auf die Geschwindigkeit an

Apropos Flimmerkiste: Flimmert das Bild, dann stört uns das bei etwa 50 Bildern pro Sekunde. Der Hund sieht Geflimmer erst, wenn etwa 70 Bilder pro Sekunde gezeigt werden. Das erklärt einiges: Bei den Nachrichten geht es gemächlich, ohne viele Bildschnitte und für Hunde langweilig zu. Anders bei der Werbung: Schnitt auf Schnitt geht es eilig hin zur Werbebotschaft. Werbepots stehen bei vielen Hunden hoch im Kurs und sie mischen aktiv mit, obwohl sie vorher beim Wetterbericht die Ruhe selbst waren. Auch Actionszenen kommen gut bei Hunden an, denn da geht es mit vielen Bildern rasant zur Sache. Besonders schnell ist die Bildfolge bei Zeichentrickfilmen. Das kann man selbst ausprobieren: Man nehme ein Daumenkino und blättere die Seiten langsam um – langweilig, oder? Rattern die Seiten schnell durch die Finger, lernen die Bilder das Laufen – wie beim Zeichentrickfilm.

Können Hunde Inhalte eines Films verstehen?

Doch können Hunde eine Filmhandlung verstehen? Nein. Das liegt schon daran, dass sie die vielen Worte und Sätze nicht verstehen. Sie schauen auch nicht kontinuierlich zu, denn es gibt auch wenig Bewegung und da wird dann gedöst. Aber einzelne Szenen werden verstanden. Hunde erkennnen, ob ein Tier oder ein Mensch zu sehen ist. Und sie können z.B. einer Szene im Tierdokumentarfilm folgen. Beispiel: Die Löwin jagt eine Gazelle. Da geht es schnell zur Sache. Beide Tiere sind in Bewegung. Die Kamera ist nicht auf einen Punkt ausgerichtet, sondern folgt den Tieren und produziert jede Menge Bilder. Da kommt viel zusammen, was einen Hund aus dem Häuschen bringen kann. Außerdem kennt er das Jagdverhalten, denn auch der Hund ist ein Jäger. Ergo: Die Jagdszene ist tolles Hunde-Fernsehen. Natürlich erkennt er auch Tiere in der Werbung, wenn sie Futter verputzen, hinter einem Auto herrennen oder eine Frisbee fangen. Beides entspricht dem, was jeder Hund gerne tut: fressen, rennen, spielen. Deshalb kann es ein Hund nachvollziehen.

Manche Werbebotschaft kommt falsch an

Doch manche Werbung kommt falsch beim Hund an. Den Beweis liefert mein Kimba: Da gibt es die weiße Katze, die durchs Bild läuft, die Wand wird dabei weiß und die Katze läuft am Ende aus dem Bild. Das ärgert Kimba jedes Mal: Er springt hoch und schaut knurrend (er mag Katzen nicht) am Rand des Fernsehers nach, ob die Katze raus kommt. Fazit: Kimba hat die Katze als Katze wahrgenommen und angeknurrt. Er hat gesehen, dass die Katze an der Seite des Fernsehers verschwunden ist. Falsch gedacht ist, dass dieses Tier heraus kommen muss. Man kann sich als Hund ja auch mal irren und man kann als Hund auch vergessen, dass die Katze noch nie rausgesprungen ist… Was Kimba schnuppe ist, ist die Werbebotschaft: Für ihn geht es einzig und allein um die Katze und nicht um die Wandfarbe. Dem Farbenhersteller kann das egal sein, denn wenn einer Farbe kauft, ist das Frauchen und nicht Kimba.

Blöd, dass es noch kein Geruchsfernsehen gibt

Kimba hat mir einiges übers Fernsehen beigebracht. Er reagiert bei Tierdokus, Actionszenen, Zeichentrick und Werbung. Es muss nicht unbedingt ein Tier vorkommen, aber es muss schnell gehen. Talkshows hakt Kimba gelangweilt nach dem Motto „wie im wirklichen Leben redende Menschen am Tisch“ ab. Manchmal vergewissert er sich vor dem Dösen schnuppernd gen Fernseher: Ist nichts zu riechen, ist es uninteressant. Geruchsfernsehen gibt es halt noch nicht.

Es kommt beim Fernsehen auch auf den Ton an

Interessant sind auch Tierstimmen: Da muss Kimba das Bild gar nicht sehen. Sobald er ein Tier hört, kommt er angerannt und sieht beim Fernseher nach, was los ist. Arg ist es, wenn ein Hund schmerzvoll aufjault. Dann sieht er zum Fernseher, aber er rennt schutzsuchend zu mir. Er hat also verstanden: Diesem Hund ist Schlimmes passiert. Kimba ist auch musikalisch. Bei Musiksendungen bleibt er ruhig und nicht immer sieht er zum Fernseher, denn meist steht der Sänger rum oder bewegt sich langsam. Aber: Die Hundeohren zucken. Und Kimba liebt Tenöre: Da singt er mit, während er bei allen anderen Männer- und Frauen-Stimmlagen stumm bleibt. Das zeigt: Auch das Gehör spielt eine wichtige Rolle, wenn Hunde fernsehen.

Welpenzeit hat Auswirkungen auf das Fernsehverhalten

Meines Erachtens spielt es auch eine Rolle, ob der Hund als Welpe einen Fernseher kennengelernt hat. Vor Kimba hatte ich einen Dackel, den der Fernseher absolut kalt ließ. Als ich ihn als Welpen abholte, wuselte er mitsamt Hundefamilie im Wohnzimmer der Menschen umher und dort gab es auch einen Fernseher. Der Welpe hat also den Fernseher kennengelernt und auch die Hundemutter dürfte ihm vermittelt haben: Dieses Ding läuft oft, das ist nichts Besonderes. Bei Kimba war das anders: Er war ein halbes Jahr alt, als ich ihn bekam. Abgeholt habe ich ihn in einem Haushalt ohne Fernseher. War das aufregend, als ich die Glotze anschaltete und Kimba das erste Mal bewegte Bilder sah.

Aktiv fernsehende Hunde nicht dauerberieseln

Kimba sieht immer noch aktiv fern, aber er lässt sich zur Ruhe rufen und wendet sich dann vom Programm ab. Aktiv fernsehende Hunde sollten nicht dauerberieselt werden. Das macht sie nervös und hibbelig. Außerdem gibt es eine Taste zum Ausschalten, denn: Das Live-Programm mit Spielen, Gassi gehen, Lernen und Ausflügen ist doch viel spannender als jedes TV-Programm. Text/Foto: Marion Friedl

About

Ich heiße Marion Friedl und bin Tierpsychologin und Journalistin. Mehr Infos gibt es übrigens auf der Seite: Über mich.

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