Leckt ein Stubentiger über unsere Hand, dann fühlt sich das rau und kratzig an und wenn es ein echter Tiger tut, dann wird das Ganze recht unangenehm. Letzteres wird uns wohl in den seltensten Fällen passieren, doch die Frage bleibt: Warum hat Mieze eine so raue Katzenzunge? Weil das äußest praktisch und hilfreich ist. Die raue Katzenzunge ist sozusagen ein nützliches Werkzeug.
Die Zunge räumt auf beim Putzen, Fressen und Schmecken
Katzenbesitzer werden schnell eine passende Antwort finden, wozu Katzen ihre rauen Zungen benutzen können. Für die Fellpflege. Und diese Antwort ist absolut richtig, denn mit rauer Zunge kann man schubbern, lecken und äußerst sorgfältig putzen. Da bleiben die Haare hängen und schon sieht man wieder topgepflegt aus – und alles was nicht ins Fell gehört, wie etwa Dreck, Staub, Schuppen oder Ungeziefer, ist auch gleich weggeschleckt. Kleiner Nebeneffekt: Die Katze gönnt sich oder einem Artgenossen beim Putzen mit der Zunge auch gleich noch eine kleine Wohlfühl-Massage.
Doch es gibt noch eine Situation, in der Katzen sich vorzüglich auf ihre raue Zunge verlassen können. Beim Fressen und Trinken. Dank rauer Zunge werden Knochen blitzeblank sauber und die Fleischreste sind verschwunden – und zwar im Magen der Katze. Auch beim Trinken ist eine raue Zunge hilfreich, denn so bleiben Wassertropfen leicht hängen und können problemlos in den Mund hineingeschlabbert werden.
Papillen machen die Katzenzunge so rau
Die Katzenzunge hat quasi eine Sonderausstattung: Auf der Zunge sitzen Papillen mit nach hinten gerichteten Hornspitzen, die für eine raue Zungenoberfläche sorgen. Papillen könnte man als Mini-Warzen beschreiben und nicht alle sind so stachelig. An der Zungenspitze, den Rändern und zwischen den stacheligen Papillen sitzen auch pilzförmige Papillen, die bei der Wahrnehmung von Geschmack eine Rolle spielen. Die gleiche Funktion haben Papillen im Rachenbereich, die eher kraterförmig aussehen. Da der Geschmackssinn nicht besonders gut ist bei Katzen und die Zunge nur salzig, sauer und bitter schmecken kann, bekommen die Geschmackspapillen Verstärkung durch den Geruchssinn und das Jacobsonsche Organ – fertig ist ein Katzengourmet, der nicht alles frisst.
Ein Hoch auf diese Top-Ausstattung also. So wird die Katzenzunge zum rauen Schleifpapier, das aber nicht nur rupfen, zupfen, schleifen und schubbern kann, sondern auch tasten kann und spürbar liebevoll eine Menschenhand ableckt – natürlich ganz ohne den bösen Hintergedanken, dass dabei ein Haut- oder gar Fleischstückerl hängen bleibt und in den Magen wandert. Text: Marion Friedl / Foto: Gerald Förtsch