Es ist Welpenzeit und Sie wollen einen kleinen Hund ins Haus holen. Glückwunsch – eine wirklich gute Entscheidung! Doch ab welchem Alter sollte der neue Mitbewohner einziehen? Die einen geben kleine Hunde mit 12 Wochen ab, andere mit acht Wochen und es werden sogar Welpen im zarten Alter von sechs Wochen angeboten. Für den Einzug halte ich persönlich ein Welpenalter von 12 Wochen für ideal – das war früher gang und gäbe.
Meines Erachtens sollte der Hunde-Nachwuchs möglichst lange bei seiner Hundefamilie sein, um viel zu lernen. Viele Dinge können sie nicht vom Menschen lernen. Oder können Sie dem jungen Hund zeigen, wie er Ohren und Rute richtig hält, um korrekt mit anderen Hunden zu kommunizieren? Können Sie ihm klar machen, was von anderen Hunden toleriert wird und wann sie womöglich verärgert schnappen? Sicher nicht. Also überlassen Sie diesen Job denen, die etwas davon verstehen: Den Hunden selbst. Aber Sie wollen natürlich wissen, was in welchem Welpenalter gelernt wird und wie sich der Welpe etwickelt. Genau das schauen wir uns jetzt genauer an.
Nach der Geburt wird getastet und gewittert
Kommt ein Welpe zur Welt, dann funktionieren Geruchs- und Tastsinn schon. Augen und Ohren sind noch geschlossen. Also muss das Hundebaby erschnuppern, wo Mama und die Gechwister sind und ob sich jemand dem Wurflager nähert. Er muss witternd, tastend und kriechend zurecht kommen, die Milchbar finden und auch mal tapsig dem Milchfluss auf die Sprünge helfen. Auch das kleine und große Geschäft kann ein so kleiner Welpe noch nicht erledigen: Das leckt die Mutter weg. Was aber gut funktioniert, ist das Hungergefühl und das Winseln, um beachtet zu werden.
Die Augen und Ohren öffnen sich in der 2./3. Woche
Zwischen der zweiten und dritten Lebenswoche wird die Welt aufregender, denn jetzt kann der Welpe schon einiges sehen und hören – was ihn mitunter zusammenzucken lässt, wenn ihn ein Gräusch erschreckt. Auch die Motorik verbessert sich und der Welpe benutzt seine Pfoten etwas geschickter.
Enormes Lern- und Entwicklungspensum in der Prägephase
Eine sehr wichtige Phase – die Sozialisierungs-/Prägephase – findet von der dritten bis zur siebten Lebenswoche statt. In dieser Zeit findet die Prägung auf die Hundefamilie statt und das bereitet auf den späteren Umgang mit Artgenossen vor. Die Hundemutter erzieht, leitet an, korrigiert und die Gechwister dienen als Übungspartner. Was darf ich und wann gibt es Ärger? Wie spricht man miteinander? Womit kann ich anecken und was passiert dann? Wie kann ich es besser machen? Was darf ich entdecken und wovon soll ich besser die Pfoten lassen? Was ist Spiel und was ist Ernst? Wovor muss ich mich fürchten und was ist harmlos? Wo drohen mir Verletzungen? Dass der Hund artgerecht lernt, wird auch der Züchter merken: Ist der Welpe bislang noch zutraulich auf ihn zugekrochen, wird er nun zurückhaltender sein. Der Hund hat also schon das Flucht- und Meideverhalten gepaukt.
Apropos Kriechen: Das endet auch in dieser Phase, denn der Hund wird immer mehr das Gehen lernen. Und: Meistens schließt die Milchbar in der dritten oder vierten Lebenswoche und der kleine Hund bekommt seine Milchzähne. Damit ist er gut gerüstet für die Umstellung auf feste Nahrung. Und wer futtert, muss auch pinkeln und koten können – und auch das wird in der Prägephase geschafft. Welpen sind dank Weiterentwicklung des Gehirns sehr lernfähig und was sie in der Prägephase lernen, wird nie mehr vergessen – das gilt für gute und auch schlechte Erfahrungen.
Wenn der Welpe die Welt entdeckt
Mit der Zeit wird der Welpe immer schlauer und damit zum Entdecker. Er sieht sich auch außerhalb des Wurflagers um und lernt dabei neue Dinge kennen. Ab der 7./8. Lebenswoche lernt er nicht mehr hauptsächlich von der Hundefamilie, beim Hundespiel und vom Züchter. Da wartet noch viel mehr auf den Welpen: Fremde Menschen, Musik aus dem Radio, Geplapper im Fernsehen, ein lautes Staubsauger-Monster, das „Ping“ der Mikrowelle – ach, was es alles gibt auf der Welt. Und draußen vor der Tür ist es grün, das Gras kitzelt unter den Pfoten, es summt im Blumenbeet, es regnet und donnert auch mal, Schmetterlinge flattern herum, Vögel zwitschern, Autos machen Krach, Radler flitzen vorbei und es gibt tatsächlich andere Hunde und sogar Katzen.
Ja, die Welt steckt voller Überraschungen. Und der Hund sollte sie in Ruhe entdecken und genießen. Wer alles in die ersten sechs bis acht Wochen packt, der lässt dem Hund meines Erachtens nicht genug Zeit. Die Gefahr, dass er gestresst und überfordert wird, ist groß und wenn er schon im Welpenalter von sechs oder acht Wochen in ein neues Zuhause kommt, ist da keine Hundemutter mehr, die ihm beibringen kann, wie er mit den Überraschungen fertig wird. Es sind auch keine Geschwister mehr da, mit denen er Kräfte messen, die Geschicklichkeit trainieren und an deren Mut oder Vorsicht er sich orientieren kann. Natürlich fehlt auch die vertraute Sicherheit seines familiären Heims, denn das neue Zuhause muss er ebenso erforschen wie die Zweibeiner, die darin wohnen und irgendwie anders ticken als der Züchter. Schließlich sind ja nicht alle Menschen gleich. Er muss auch neue Situationen bewöältigen, wie etwa Besucher, Kinderlärm, Autofahren, Gassi gehen und, und, und. Und er muss schon wieder etwas lernen: Stubenreinheit.
Fazit: Zwölf Wochen Schulzeit sind optimal
Das ist wahnsinnig viel Lernstoff für einen kleinen Hund. Wenn man das bedenkt, dann sollte man ihm doch zwölf Wochen Schulzeit gönnen. Außerdem: Wer sagt Ihnen, dass Ihr Welpe genauso schnell lernt wie andere. Vielleicht ist der Bruder ein Streber und hat mit acht Wochen schon das drauf, was Ihr Hundekind erst mit zehn Wochen auf die Reihe kriegt. Wie schön, wenn ein Züchter das genauso sieht und die Hundefamilie erst trennt, wenn die Kleinen zwölf Wochen alt sind. Übrigens: Ihr guter Wille bringt gar nichts, wenn der Züchter nicht mitspielt, denn allein beim Züchter und ohne Geschwister und Mutter bringt dem Welpen auch ein Plus an Verweilzeit nichts. Text/Foto: Marion Friedl