In Bayern gibt es den Spruch: Wie der Herr, so’s Gscher. Was auch so viel bedeutet, wie der Mensch, so das Tier. Und da ist viel Wahres dran, denn Tiere spiegeln den Menschen. Deshalb schadet es gar nichts, bei einem vermeintlichen Verhaltensproblem des Tieres genau hinzusehen und sich selbstkritisch Fragen zu stellen. Beispiel: Hat der Hund beim Gassi gehen Angst vor großen Hunden, könnte es daran liegen, dass er das mulmige Gefühl seines Besitzers spürt und sich diesem Empfinden – also der Angst – anschließt. Doch das Spielgesetz reicht noch viel weiter, denn manchmal wollen uns Tiere auch eine Last oder sogar eine Krankheit abnehmen.
Die knifflige Sache mit der Angst vor Gewitter
Das Spiegelgesetz habe ich auch bei mir selbst entdeckt. Ein kleines, fernes Gewitter ist mir ziemlich schnuppe, aber wenn es donnernd und blitzend zur Sache geht, dann fühle ich mich absolut nicht wohl dabei. Nun hatte ich das Problem, dass sich mein Hund Kimba bei Gewitter sehr fürchtet und ich wollte ihm natürlich helfen. Seine Angst ignorieren und ihn nicht trösten oder beruhigen, ist natürlich oberstes Gebot, um Hunden Ängste zu nehmen. Ich befolgte das auch, weil ich es als Tierpsychologin ja so gelernt hatte – aber der Erfolg war gleich Null. Kimba zitterte und hechelte weiter, wenn es donnerte und blitzte. Also versuchte ich es mit der Geräuch-CD: Das funktionierte prima – nur beim echten Gewitter war dieser Erfolg schnell verpufft. Als Kimba mal ein paar Stunden bei einer Bekannten von mir untergebracht war, gab es ebenfalls ein Gewitter. Als ich Kimba abholte, fragte ich, ob sich Kimba gefürchtet hat, aber die Dogsitterin meinte erstaunt: Nein, er war die Ruhe selbst.
Das zeigte mir: Kimba spürte mein Unbehagen, er übernahm es und spiegelte es mit seiner Angst wider. Weil er mein Unbehagen spürte – und dank sensibler Nase wohl auch roch – fiel er nicht auf Tricks, wie die Geräusch-CD oder die vermeintlich gelassen ausgesprochenen Worte „alles okay“ rein. Er kaufte mir auch nicht ab, dass ich das Gewitter und sein Verhalten nicht registrierte, weil ich angeblich in ein Buch vertieft war. Nein, so leicht machen es uns die Tiere nicht. Sie ändern ihr Verhalten aber, wenn der Mensch sein Verhalten ändert. Sie spiegeln dann das neue Verhalten des Zweibeiners. Ich gebe zu: Kimba und ich müssen bei Gewitter weiterhin zittern, weil ich das mulmige Gefühl einfach nicht los werde. Tja, nobody is perfect…
Übelkeit kann eine Botschaft sein
Dies war ein einfaches, nachvollziehbares Beispiel des Spiegelgesetzes. Aber es geht auch komplizierter. Eigentlich ist der Hund gesund und munter, aber wenn er den Besitzer zu einem bestimmten Besuch begleiten soll oder wenn Herrchen ins Büro geht, dann spuckt er alles was er in sich hat aus. Man könnte das auch übersetzen mit: „Was Du jetzt vor hast, finde ich zum Kotzen.“ Fazit: Hier sollte sich der Mensch selbst hinterfragen: Hat er den Job satt? Will er einen bestimmten Menschen gar nicht besuchen, aber fühlt sich dazu verpflichtet? Es ist ein Experiment wert: Erbricht der Hund auch, wenn er mit ins Büro darf oder wenn er den Zweibeiner am Besuchstag nicht begleitet? Wer noch weiter gehen will und kann: Vielleicht teilt der Hund ja mit, dass es Zeit ist, sich einen anderen Job zu suchen oder die Besuche einzustellen und seine Übelkeit hört prompt auf, wenn der Mensch seinen Tipp beherzigt. Aber Achtung: Tun Sie das nur, wenn es wirklich ohne Probleme möglich ist, denn hinterher dürfen Sie dem Hund nicht die Schuld in die Pfoten schieben, wenn Sie zum Beispiel arbeitslos oder enterbt sind.
Ist Frauchen krank, geht es auch dem Vierbeiner nicht gut
Tiere spiegeln manchmal auch unsere Krankheiten. Wenn es Frauchen beispielsweise in den Knochen und Gelenken zwickt, kann es passieren, dass auch Hund oder Katze ähnliche Symptome zeigen. Sie lassen sich ungern anfassen, meiden Bewegungen und der Gang scheint schwerfälliger, unrunder zu sein. Gleichzeitig sind sie sehr geduldig, wenn sich Frauchen mühsamer als sonst nach dem Napf bückt und sie spielen auch nicht so ungestüm, sondern passen sich dem Tempo des Menschen an. Kaum geht es Frauchen wieder besser, ist auch die Katze bzw. der Hund wieder fit. In diesem Fall braucht nicht das Tier, sondern der Mensch ärztliche Hilfe.
Das Tier beobachten und an sich selbst arbeiten
Aggressionen gegen Menschen oder Tiere, Protestpinkeln in bestimmten Situationen, Trauer mit dem Menschen, Ziehen an der Leine, weglaufen und, und, und… Tiere reagieren sehr empfindsam auf Krankheiten, Schwingungen, Gemütszustände, unterdrückte und offene Gefühle ihrer Menschen – und sie passen sich diesen an. Es lohnt sich oft, beim Tier genau hinzuschauen, sich selbst unter die Lupe zu nehmen und an sich zu arbeiten.
Eine kleine Hilfe dabei können Zettel und Stift sein: Beobachten Sie das Tier und schreiben Sie auf, welches Verhalten Ihnen auffällt, wann es auftritt und welchen Auslöser es haben könnte. Beantworten Sie dann einige Fragen, die Sie sich selbst stellen müssen: Wie fühle ich mich zum Zeitpunkt des Tierverhaltens? Habe ich da ein Signal gesendet, weil ich mich anders gefühlt oder verhalten habe? Beschäftigen mich traurige Gedanken, Probleme oder Ängste und das Tier spürt dies?
Selbsterkenntnis ist die Lösung des Problems
Dann geht es an die Arbeit: Ändern Sie – wenn möglich – Ihr Verhalten und beobachten Sie, ob sich auch beim Tier das Verhalten ändert. Wenn ja, dann sollten Sie intensiv an sich selbst arbeiten und nicht am Tier. Denn das Problem sind in diesem Fall Sie. Das ist keine Kritik, sondern ein Tipp, der zur Selbsterkenntnis führen soll. Niemand ist vor Problemen, Traurigkeit, Aggressionen, Unzufriedenheit, Ängsten, Bedenken und Krankheiten gefeit. Sie brauchen also kein schlechtes Gewissen haben, aber das Wissen um die Möglichkeit, dass Ihr Vierbeiner das Verhalten von Ihnen spiegelt. Dann kann man an einer Lösung arbeiten, die Mensch und Tier gut tut. Sie können sich dabei auch gerne Hilfe holen, wie etwa von einem Tierpsychologen oder Tierschamanen. Text/Foto: Marion Friedl