ADHS bei Hunden – Das kann Zappeltieren helfen

Copyright: Marion Friedl

Bei unruhigen, unkonzentrierten Kindern spricht man oft von ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störung), aber es gibt auch zappelige und hyperaktive Hunde. Solche Zappelphilippe können sich nicht immer gut konzentrieren und wenn etwas nicht nach ihrem Kopf geht, dann kann das schon mal mit Protest, mieser Laune oder gar Aggression enden. So gesehen: Ja, es gibt auch ADHS bei Hunden – und man kann ihnen helfen.

Bewegung ist ein Grundbedürfnis

Die Hilfe für Zappeltiere muss nicht gleich die Tablette sein, die ruhig stellt. Oft hat die Unruhe ganz normale Gründe, die der Mensch schlichtweg übersieht. Ganz oben steht bei den Hunden der Bewegungsdrang. Bewegung ist ein Grundbedürfnis und deshalb ist Gassi gehen der große Hit. Doch nicht immer reicht das Gassi gehen aus, um den Bewegungsdrang zu befriedigen. Es gibt eben einen Unterschied zwischen einem kleinen, kurzbeinigen Yorkshire Terrier oder Zwergpudel und einem großen, schnellen Windhund, wie etwa dem Afghanen oder Podenco. Ob klein  oder groß – alle lieben Bewegung, aber sie brauchen unterschiedlich viel Bewegung.

Von wegen fauler Hund!

Nicht vergessen: Auch Hunde, die auf den ersten Blick gemütlich und faul aussehen, brauchen Bewegung. Beispiel: Der Bernhardiner wird oft als Schwergewicht angesehen, der auf dem Hof herum lümmelt, mal tief bellt, wenn sich jemand seinem Revier nähert und ansonsten lieber faulenzt. Das aber ist falsch. Erinnern Sie sich: Bernhardiner erlangten Weltruhm als Lawinen-Rettungshunde – und das ist ein anstrengender Job, bei dem neben der guten Nase auch Kraft, Energie, Ausdauer und Geschick in schwierigem Gelände gebraucht wird.

Bewegung ist nicht nur Laufen

Es gibt auch unterschiedliche Vorlieben in Sachen Bewegung. Wasserratten, wie zum Beispiel der Neufundländer oder der Labrador, schwimmen für ihr Leben gern und apportieren auch Gegenstände aus dem Wasser. Der pfiffige Jack Russel Terrier flitzt liebend gerne durch den Agility Parcours, der Husky rennt gerne und zieht dabei auch noch einen Wagen, Jagdhunde (z.B. Dackel, Münsterländer) lieben Fährtenarbeit, bei der sie selbst und ihre Nasen in Bewegung sind. Hütehunde sind auf schnellen Pfoten unterwegs, wollen aber auch Aufgaben lösen, denn in den allermeisten Fällen müssen Collies & Co. auf eine Schafherde verzichten, weil die eben keinen Platz auf dem Balkon hat.

Rassespezifische Eigenheiten berücksichtigen

Der Blick auf die Rassen kommt nicht von Ungefähr. Man muss nicht darüber diskutieren, ob ADHS bei Hunden eine genetische Veranlagung sein kann. Generell steht bei Hunden Aktivität an oberster Stelle. Hinzu kommen sicher erbliche Veranlagungen, die dem Welpen mit ins Leben gegeben wurden, aber vor allem auch rassespezifische Eigenheiten, die den Hunden angezüchtet wurden. Einst war der Hund ein Wolf, der sich ebenfalls viel Bewegung gönnte und obendrein jagen musste. Im Zuge der Domestikation wurde der Wolf zum Hund und der Mensch züchtete Rassen mit unterschiedlichen Eigenheiten heran, um diese zu nutzen. Die einen brauchten einen Wachhund, die anderen einen Sieger bei Hunderennen, die nächsten schätzten die Qualitäten eines Jagdhundes, dann sollte es auch Hunde geben, die Lasten ziehen können oder Hunde, die das Vieh hüteten. Und natürlich wollte man auch gesellige Familienhunde haben, die auch mal gerne Kunststücke einstudieren.

Ersatzbeschäftigungen gegen Frust

Diese Vielfalt zeigt ganz klar: Bewegung muss unterschiedlich sein. Sie richtet sich zwar immer nach Größe, Alter und Fitness des Tieres. Aber eben auch nach den Veranlagungen, die befriedigt werden müssen. Werden sie es nicht, dann wird der Hund unzufrieden und zappelig. Unterforderung frustriert ihn und er sucht unruhig und nervös nach Ersatzbeschäftigungen. Der Frust muss raus – und wenn er dabei die Couch zerlegt, unruhig durch die Wohnung tigert, alleine in der Wohnung lärmt und, und, und… Er wird seine Sehnsucht nach Bewegung und Beschäftigung auch anzeigen. Mal schleppt er Spielzeug an, dann drängt er Herrchen zum Gassi gehen, er hütet die gesamte Familie, er streunt und vieles mehr. All das gehört zur Hyperaktivität.

Hyperaktivität mindert die Konzentration

Diese Hyperaktivität hat den Hund so sehr im Griff, dass er sich nur darauf konzentriert und nichts anderes mehr im Sinn hat. Die Folge: Kriegt er dann mal eine Aufgabe (z.B. in der Hundeschule) oder ein Kommando, dann mangelt es an Konzentration und er verbockt die Lektionen.

Misserfolge führen zu Frust, Protest und Aggression

Der Teufelskreis geht aber noch weiter. Die Hyperaktivität mindert die Konzentration und ohne Konzentration kommt es zum Misserfolg, der frustriert. Auch der Frust muss abgelassen werden – und wenn es bei den Ventilen Missmut, Protest und Aggression ist. Wer keinen Erfolg erzielt, kriegt irgendwann schlechte Laune. Er hat dann keine Lust mehr auf diese frustrierende Lektion und verweigert sie mit Protest. Übrigens: Auch Stubenunreinheit ist Protest (z.B. gegen zu langes Alleinsein, Langeweile, Unterforderung). Wird der Protest nicht aktzeptiert, dann kann der Protest in Aggression umschlagen.

Über- und Unterforderung kann ADHS bei Hunden fördern

Achtung: Nicht nur Unterforderung, sondern auch Überforderung kann zu ADHS bei Hunden führen. Wenn vom Vierbeiner zu viel oder das Falsche verlangt wird, kann es dazu kommen, dass der Hund es dem Menschen unbedingt recht machen will. Er wird übereifrig und versucht alles zu geben – folgt dann der Misserfolg, dann mündet das in Stress, Unruhe, Unzufriedenheit, Frust, Protest und womöglich Aggression.

ADHS bei Hunden äußerst sich mit folgenden Symptomen:

  • Innere und körperliche Unruhe
  • Bewegungsdrang
  • Beschäftigungsdrang
  • Übereifer/Hyperaktivität
  • Schlechte Konzentration
  • Frust/schlechte Laune
  • Protest (auch Stubenunreinheit)
  • Aggression

Auslöser für die Symptome sind:

  • Unterforderung oder auch Überforderung
  • Zu wenig oder zu viel Bewegung
  • Mangelnde oder falsche Beschäftigung
  • Vernachlässigung rassespezifischer Bedürfnisse
  • Stress
  • Misserfolge

Das kann helfen:

  • Ausreichende und zum Hund passende Bewegung
  • Regelmäßige und richtige Beschäftigung
  • Aufgaben für den Kopf
  • Ersatz für rassespezifische Aufgaben
  • Regeln
  • Erfolgserlebnisse
  • Ruhesignal/Ruhezeiten
  • Ernährungsanpassung
  • Natürliche Helfer (z.B. Bach-Blüten, Edelstein-Wasser, Aromatherapie)
  • Hilfe vom Profi (Tierarzt, Tierheilpraktiker, Tierpsychologie)

Bewegung, Beschäftigung und Aufgaben gegen ADHS bei Hunden

ADHS bei Hunden kann man auch lindern. Das beginnt mit dem richtigen Quantum an Bewegung und der zum Hund (also auch zur Rasse) passenden Beschäftigung. Zur Beschäftigung zählen auch artgerechte Aufgaben. Das heißt: Es muss Ersatz für z.B. Jagd- oder Hütetrieb her. Agility für Körper und Geist, knifflige Intelligenzspiele, Fährtensuchspiele, Treibball, Apportieren aus dem Wasser – für jeden Hund gibt es passende Alternativen.

Den Hund auch mal zur Ruhe bringen

Mit einem festen Signal gelingt es oft, den Hund zur Ruhe zu bringen. Ein ganz bestimmtes Liegekissen, das Abnehmen des Halsbandes oder eine beruhigende Wellness-Massage mit den Fingerspitzen kann dem Hund sagen: Jetzt hat es sich ausgezappelt. Jetzt ist Entspannung angesagt. Diese Ruhezeit sollte einen festen Platz im Tagesablauf bekommen und immer mit dem gleichen Ritual (z.B. Halsband abnehmen) und am gleichen Ruheort eingeleitet werden. Gönnen Sie sich diese Auszeit gemeinsam, damit der Hund neben Ihnen zur Ruhe kommt und nicht mit einem Auge darauf achtet, wo Sie sind, was Sie tun und ob er nach dem Rechten sehen sollte.

Regeln spielen eine wichtige Rolle

Ebenfalls wichtig: Hunde brauchen Regeln. Mit Regeln fällt es den Vierbeinern leichter, es dem Menschen recht zu machen und nicht mit Fehlverhalten anzuecken. Allerdings muss sich auch der Mensch an diese Regeln halten. Wenn der Hund beispielsweise bei Herrchen nicht aufs Sofa darf, aber beim Frauchen schon – dann kennt er sich irgendwann nicht aus und kriegt Ärger mit Herrchen, weil er ausgerechnet bei ihm aufs Sofa gesprungen ist. Disziplin ist also von Mensch und Hund gefrragt.

Ernährung und natürliche Helfer

Im Vordergrund steht immer ein artgerechtes Hundeleben, das alle Bedürfnisse befriedigt. Rat und Hilfe gibt es beim Tierarzt, Tierheilpraktiker und Tierpsychologen. Auch andere Hilfen können wertvoll unterstützen. Bei der Ernährung sollte auf weniger Proteine und Ballaststoffe (z.B. Getreide) und auf mehr Fleischgehalt geachtet werden. Beruhigende Aromen (z.B. Johanniskraut) oder konzentrationsfördernde Gerüche (z.B. Lavendel) in der Duftlampe sind ebenfalls natürliche Helfer, wie Bach-Blüten z.B. gegen Unruhe/Nervosität (Aspen) oder Übereifer (Wild Oat). Auch energetisches Edelstein-Wasser kann unter anderem bei Stress (Amethyst) und Hyperaktivität (Aquamarin) wohltuend sein. Text/Foto: Marion Friedl

About

Ich heiße Marion Friedl und bin Tierpsychologin und Journalistin. Mehr Infos gibt es übrigens auf der Seite: Über mich.

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