Starke Leistung: Was Pferde ziehen und tragen

arbeitspferdeBeim prächtigen historischen Festumzug zur 1100-Jahrfeier der Stadt Garching bei München zogen Pferde z.B. eine Postkutsche und einen Brauereiwagen. Da tauchte bei mir die Frage auf: Wieviel können Pferde ziehen und tragen? Gefunden habe ich Richtmaße, die sich ähneln, aber nicht immer gleich sind. Insgesamt aber wurde mir schnell klar: Echt starke Leistung, was Pferde ziehen und tragen können.

Pferde ziehen das Ein- bis Zweifache ihres Körpergewichtes

In der Berliner Richtlinie für Pferdefuhrwerksbetriebe heißt es: „Das zulässige Gesamtgewicht des bespannten Fuhrwerks darf das Zweifache der Summe der Körpergewichte der vorbespannten Pferde nicht übersteigen.“ Ähnliches schreibt die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft: „In der Regel ist davon auszugehen, dass Pferde etwa das Ein- bis Zweifache ihres Körpergewichtes ziehen können.“ Beispiel: Ein Warmblut mit 600 Kilo Gewicht kann also 600 Kilo bis maximal 1200 Kilo ziehen. Handelt es sich um einen Mehrspänner, dann gilt das pro Pferd. Will heißen: Ein Brauerei-Sechsspänner brächte es auf sechs mal so viel Gewicht, das gezogen werden kann. Allerdings: Für solche schweren Wagen werden in der Regel keine leichten Warmblüter eingesetzt, sondern es kommen die sehr viel schwereren Kaltblüter zum Zug. Und weil die mehr wiegen, können sie auch entsprechend mehr Last ziehen. Übrigens: Auch bei den Rückearbeiten im Wald werden häufig Kaltblüter eingesetzt, um die schweren Baumstämme von A nach B zu ziehen.

Zwei Studien, zwei Ergebnisse zur Traglast für Pferde

Beim historischen Festumzug in Garching waren nicht nur Gespanne dabei, sondern auch Pferde mit Reitern auf dem Rücken: Ob uniformierte Reiter oder auch der Tod als Erinnerung an die Pest – die Reiter sahen vorwiegend schlank aus und das Gewicht dürfte durchaus zu den Pferden gepasst haben. Auch zur Traglast für ein Pferd gibt es Richtwerte und Studien, die ein wenig auseinandergehen. Laut einer britischen Studie von Emma Halliday und Hayley Randle soll das Gewicht auf dem Pferd idealerweise 10 % bzw. maximal 15 % des Pferde-Körpergewichts betragen. Das hieße beim Beispiel des etwa 600 Kilo schweren Warmbluts: Der Reiter darf 60 bis 90 Kilogramm wiegen. Allerdings wurde bei der Studie mit 152 Reitern und ihren Pferden auch festgestellt, dass nur 5 % der Reiter so leicht wie der Idealwert waren, 63 % schafften den Normalwert und der Rest lag darüber. Im Gegensatz zur britischen Studie besagt eine US-Studie der Ohio State University, dass leichte Reitpferde maximal 20 % des Pferdegewichts tragen können. Mehr sei nicht empfehlenswert, weil sich dann die Atem- und Herzfrequenz sowie die Körpertemperatur erhöhen würden.

Shetland-Ponys sind klein, aber oho

Die beiden Studien sind zwar hilfreich, aber meines Erachtens sollte man sich dem Tier zuliebe lieber an den 10 bis 15 % als an den 20 % orientieren. Aber es kommt auch sehr auf die Verfassung des Pferdes an. Wenn ich mir vorstelle, wie schwer eine Ritterrüstung ist, für einen Sattel mal etwa 5 Kilo ansetze und wenn ich dann auch noch den Reiter mitsamt Kleidung dazurechne – da kommt einiges zusammen. Und die Pferde von anno dazumal schafften auch das. Grazile Pferde mit leichten Knochen dürften da mehr Schwierigkeiten gehabt haben als Pferde mit schwerem Fundament und entsprechend starken Knochen. Arbeitstiere, wie etwa die speziell für starke Arbeitsleistung gezüchteten Haflinger, sind kräftige Lastentiere. Doch auch ihre kleinen Verwandten, die Shetland-Ponys, haben das Prädikat „klein aber oho“ verdient: Sie können das Doppelte ihres Körpergewichtes ziehen und bis zu 60 Kilo tragen – und das sind immerhin 30 % ihres Körpergewichtes. Isländer sind beispielweise ähnlich robust. Aber hallo, kann man da nur sagen.

Bei der Zug- und Traglast muss viel einkalkuliert werden

Das zeigt: Es kommt auch auf das Fundament des Pferdes an. Auch die Rumpflänge spielt eine Rolle. Hinzu kommen weitere wichtige Aspekte, wie die Art der Belastung, die Gesundheit und das Alter des Pferdes, das tägliche Quantum an Bewegung, der korrekte Hufbeschlag, die passende Ausrüstung (z.B. Sattel) und das Können des Reiters. Wer hochrechnet, wieviel Gewicht er dem Pferd zumuten darf, sollte nicht vergessen: Auch die Kleidung des Reiters und der Sattel wiegen etwas. Bei Zugpferden darf nicht nur das Gewicht des Wagens betrachtet werden, sondern auch das Gewicht der Personen bzw. der Ladung auf dem Wagen und auch die oft schweren Geschirre der Pferde müssen mitgerechnet werden. Text/Foto: Marion Friedl

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Ich heiße Marion Friedl und bin Tierpsychologin und Journalistin. Mehr Infos gibt es übrigens auf der Seite: Über mich.

2 thoughts on “Starke Leistung: Was Pferde ziehen und tragen

  1. Hallo.Ich war in der Lüneburgerheide und dort werden den ganzen Tag Kutschfahrten gemacht.Viele Kutschen konnten mit 20 Personen besetzt werden.Unsere Kutsche zogen zwei Knapstrupper plus die Kutsche und ihr Geschirr.Die Tiere waren schweißnass und pumpten in der Pause nach einer halben stunde schon echt schlimm.An dem Tag war es zudem sehr schwül.Eins der Pferde verlor dann auch noch ein Eisen.Die Hufe waren richtig zersplittert.Sie musten viel auf Asphalt laufen.Ich habe mich sehr unwohl auf dieser Kutschfahrt gefühlt denn ich glaube den Tieren wird zuviel abverlangt.

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