Selbstverstümmelung ist ein Hilferuf der Katze
Copyright: Marion Friedl

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Wenn kleine Kätzchen sich im Kreis drehen und ihren Schwanz fangen, dann ist das ein putziges Spiel und es ist ganz normal. Grund zur ernsthaften Besorgnis besteht allerdings, wenn erwachsene Katzen zum Halali auf den Schwanz blasen. Dann ist das kein Spiel mehr, sondern es ist ein Hilferuf der Katze. Wird dieser nicht ernst genommen, dann droht das Ganze in eine blutige Selbstverstümmelung auszuarten.

Alarmzeichen: Schwanz fangen, Pfoten beknabbern, Putzsucht, Fellbeißen

Die Redewendung „da beißt sich die Katze in den Schwanz“ kommt nicht von Ungefähr. Aber es sollten die Alarmglocken schrillen, denn das ist kein harmloses Jagdspiel. Und der Alarm sollte nicht nur beim Fangen des Schwanzes ausgelöst werden, sondern auch bei übermäßigem Lecken und Putzen, Fellbeißen sowie beim Knabbern an den Pfoten. Das sind alles Anzeichen dafür, dass etwas Gravierendes bei der Katzenhaltung nicht stimmt. Die Ursachen müssen dringend gefunden und beseitigt werden, damit die Katze sich nicht wund bzw. blutig beißt, kratzt und leckt.

Die Ursachen finden und beseitigen

Die Ursachen für dieses Verhaltensproblem können unterschiedlich sein, denn es liegt stets an den individuellen Gegebenheiten. So kann zum Beispiel eine Katze, die zu lange allein gelassen wird und sich vernachlässigt fühlt, ebenso zu Selbstverstümmelung neigen wie Katzen, die zu viel Gesellschaft haben und mit der Vermenschlichung nicht fertig werden. Entsprechend unterschiedlich muss natürlich auch reagiert werden, um die Katze von ihrem selbstzerstörerischen Verhalten abzubringen.

Einsamkeit, Langeweile und Vermenschlichung vermeiden

Katzen, die zu viel allein und unterbeschäftigt sind, müssen Gesellschaft bekommen. Entweder kann der Besitzer seine Abwesenheit reduzieren oder ein Catsitter kann für Abwechslung sorgen. Der Katze müssen auch Solitärspiele (z.B. Futterball) zur Verfügung gestellt werden, damit sie die Zeit allein in der Wohnung überbrücken kann. Kommt der Mensch dann endlich heim, sollte er nicht gleich die Beine hochlegen, sondern erst mal mit der Katze spielen. Hat die Katze hingegen sehr viel Gesellschaft und wird betüttelt, beschmust und verzärtelt, dann kann dies ebenfalls ein großes Problem für die Katze sein: Hier muss die Nähe und Aufmerksamkeit reduziert werden – ganz nach dem Motto: Finger weg von der Katze. Sie muss eben auch mal Zeit für sich und eine Auszeit vom Menschen bekommen. Verhätschelung ist unbedingt tabu, denn das überfordert die Katze.

Dringend auf veränderte Lebensumstände reagieren

Weitere Ursachen können veränderte Lebensumstände sein, wie etwa der Wegzug eines Familienmitglieds, der Einzug eines neuen Zwei- oder Vierbeiners, Stubenarrest statt Freigang oder auch der Umzug in eine andere Wohnung. Auch auf neue Katzen in der Nachbarschaft oder ungebetenen Besuch durch die Katzenklappe kann heftig reagiert werden. Verschiedene Dinge lassen sich beseitigen: Eine funkgesteuerte Katzenklappe kann ungebetenen Besuch verhindern. Der Freigang kann sich wieder einführen lassen oder der Katze kann zumindest mehr Auslauf und Frischluft auf dem gesicherten Balkon oder im ausbruchssicheren Garten gegönnt werden. Reagiert die Katze auf einen neuen Vierbeiner im Haus derart massiv, dann sollte überlegt werden, ob die Anschaffung des Tieres wirklich so eine gute Idee war. Man kann aber auch aktiv an einem guten Miteinander arbeiten – das gilt für neu eingezogene Vier- und Zweibeiner. Niemanden beim Streicheln bevorzugen, alle werden gleichzeitig und mit genug Abstand zwischen den Näpfen gefüttert, es gibt genug Katzenklos (immer 1 mehr als Tiere im Haus leben), jeder hat eigene und ungestörte Rückzugsbereiche, beim Spiel werden alle Katzen einbezogen. Neu eingezogene Zweibeiner können sich mit Spielen und mit Futter aus der Hand beliebt machen. Bei einem Umzug ist es wichtig, die alten Möbel möglichst mitzunehmen und ähnlich wie in der vorherigen Wohnung zu integrieren. Miezes Habseligkeiten sollten natürlich ebenfalls unbeschadet mit umziehen.

Lösungen und Hilfen bei Trauer

Schwieriger wird es, wenn sich Ursachen nicht beseitigen lassen. Das kann zum Beispiel der Auszug eines Familienmitglieds oder auch der Tod eines Familienmitglieds bzw. eines Katzenkumpels sein. Hier spielt auch Trauer mit. Machen Sie nicht den Fehler, einen verstorbenen Katzenfreund vorschnell durch eine neue Katze zu ersetzen. Die Chemie muss immer stimmen und die Katze muss auch bereit sein für eine neue Katzenfreundschaft und dazu gehört auch Zeit für die Trauerphase. Unterstützen können Sie die Katze in Absprache mit dem Tierarzt mit einer medikamentösen Behandlung oder auch mit Bach-Blüten gegen Trauer. Auf jeden Fall, sollten Sie auf genug Beschäftigung achten (Spiele, Bewegung, abwechslungsreicher Alltag etc.). Einen Kompromiss kann man vielleicht finden, wenn ein Familienmitglied ausgezogen ist. Dieses Familienmitglied könnte ja öfter zu Besuch kommen oder vielleicht fühlt sich die Katze ja wohler beim ausgezogenen Familienmitglied und Sie könnten die Katze dort oft besuchen.

Ohne Tierarzt geht nichts

Wenn die Katze beginnt, ihren Schwanz zu fangen, sich manisch putzt und leckt oder auch an den Pfoten knabbert, muss der erste Weg zum Tierarzt führen. Allergien und Erkrankungen müssen ebenso ausgeschlossen werden wie z.B. Parasiten. Der Tierarzt kann auch gemeinsam mit Ihnen entscheiden, ob eine medikamentöse Hilfestellung für die Katze nötig ist. Text/Foto: Marion Friedl

About

Ich heiße Marion Friedl und bin Tierpsychologin und Journalistin. Mehr Infos gibt es übrigens auf der Seite: Über mich.

3 comments Categories: Katzen Schlagwörter:

3 thoughts on “Selbstverstümmelung ist ein Hilferuf der Katze

  1. Hallo Frau Friedl
    Mit grossem Interesse habe ich Ihren obigen Beitrag gelesen. Kurz zu unserer Katze: sie ist 2 1/2 jährig und lebt seit sie ca 6 Monate alt ist bei der Familie. Sie hat eine codierte Katzenschleuse und muss auf Grund Ihrer Art die Nacht im Keller verbringen, wo sie ein Katzenklo und genügend Liegemöglichkeiten hat. Die Katzenmutter ist verstorben als die Katze etwa 2-3 Monate alt war.
    Ich bin als „neuer“ Zweibeiner in die Familie gekommen. Die Katze hatte jedoch schon vorher eine sehr „zerstörerische“ Art und Weise. Sie macht nicht nur die Vorhänge kaputt sondern kratzt auch am Teppich und an den Stühlen, welche schon in einem sehr desolaten Zustand sind. Auf mich reagiert die Katze sehr ruhig und zutraulich. Ich hatte in meiner ehemaligen Beziehung 2 Katzen mit denen ich es sehr gut konnte. Auf meinen Wunsch hin haben wir die Katze auch mehrmals versucht in der Nacht in der Wohnung zu lassen, was jedoch immer mit Kratzen oder anderweitigem Aufmerksam machen endete, so das wir zum allgemeinen Frieden der Nachtruhe die Katze meist in den frühen Morgenstunden wieder in den Keller verbannen mussten, obwohl alle Türen offen waren und sie ohne Problem selbst hätte nach draussen können.
    Was mir jedoch aufgefallen ist, dass sie auf die 12-Järige Tochter sehr scheu reagiert. Obwohl Sie mit Ihr sehr lieb und behutsam umgeht, macht sich die Katze meist aus dem Staub wenn die Tochter mit Ihr „kuscheln“ möchte. Wir alle, meine Lebenspartnerin, Ihr 15-Jähriger Sohn und die 12-Jährige Tochter lieben die Katze sehr doch mit Ihrer sehr untypischen Art macht sie unser zusammenleben sehr beschwert. Es stand schon öfters die Frage nach dem wie weiter mit der Katze im Raum. Doch sie liegt uns allen am Herzen und es muss sicherlich eine Lösung geben.
    Für Ihre Antwort bedanke ich mich schon im Voraus und schicke liebe Grüsse aus der Schweiz nach Deutschland.

    Gruss Dani Frei

  2. Hallo Frau Friedl,

    meine Freundin hat auch ein riesen Problem mit einer ihrer Katzen. Sie hat 2 Geschwister die 4 Monate alt sind. Sind auch schon von klein auf nach 6 Wochen bei ihr in der neuen Wohnung. Teilweise Flaschenaufzucht.. Ihre Mama wurde überfahren.
    Am Anfang haben beide schon mal in die Ecken gepinkelt, haben dann ein andres Katzenklo besorgt und dann war es wieder gut. Vor 3 Wochen kam ihre Mutter mit dem Hund zu Besuch und danach jagte eine Katze ihren Schwanz und knabbert immer dran, zwar nicht so fest das man was sieht, also des ist eher noch harmlos, aber sie macht es eben. Und sie pinkelt wieder in die Ecke.
    Sie ist auch sehr verkuschelt und verschmust seitdem, was sie davor nicht so war.
    Was könnten wir da machen? Tierarzt waren wir schon, der meinte, sie ist gestresst und das ist ein Zeichen davon.

    Für Ihre Antwort bedanke ich mich schon mal.

    Mit freundlichen Grüßen
    Mario Engelhardt

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